Fiat-Einstiegs endet am Donnerstag. Bei Opel erwartet die Italiener mehr Widerstand. In Graz steigt die Sorge vor Bedeutungsverlust, falls Magna Opel übernimmt.
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Aurora/Turin/Graz/Wien - Heute, Donnerstag, läuft die Frist ab, die dem US-Autobauer von der Regierung unter Barack Obama gestellt worden war: Im Fiat-Hauptquartier zeigt man sich über den bevorstehenden Deal optimistisch. Grund ist die quasi in letzter Minute erzielte Einigung mit den Gläubigerbanken des an sich konkursreifen Autokonzerns (Citigroup, Goldman Sachs, JP Morgan und Morgan Stanley). Diese sollen sich einverstanden gezeigt haben, einen Teil ihrer 6,9 Mrd. Euro an Kredite in eine Beteiligung zu wandeln. Noch ist nicht bekannt gegeben worden, wie hoch diese Beteiligung sein soll.
Fiat dürfte jedenfalls vorerst 20 Prozent an Chrysler übernehmen, und dann die Beteiligung innerhalb von drei Jahren auf 35 Prozent aufstocken. Die Mehrheit ist erst zu erhalten, wenn Chrysler seine Schulden an den Staat zurückgezahlt habe. Aber: "Auch bei Fiat selbst hält die Familie Agnelli nur 33 Prozent und trotzdem das Sagen", sagte ein Fiat-Manager.
Die Gewerkschaft United AutoWorkers werden bei Chrysler 55 Prozent halten, den Rest teilen sich Regierung und restlichen Gläubiger. "Details zum Deal gibt es erst Donnerstag, wenn der Tag in Amerika zu Ende geht", kündigte der Vizepräsident des italienischen Autobauers, John Elkann an. Die Vision des operativen Fiat-Chefs, Sergio Marchionne, sieht ein jährliches Produktionsvolumen von fünf bis sechs Millionen Autos vor. Da Fiat allein nur knapp zwei Millionen Autos produziert, würde Marchionne sowohl Opel als auch Chrysler integrieren müssen, um seine Vision umzusetzen.
Doch in Deutschland verbreitert sich die Ablehnungsfront gegen den italienischen Konzern. Berthold Huber, Chef der Gewerkschaft IG-Metall, warnt in der Wochenzeitung Die Zeit: "Wenn Fiat bei Opel einsteigt, fürchte ich, werden die Werke in Bochum mit 5000 Beschäftigten und Eisenach mit 2000 Leuten die ersten Opfer sein. (...) Eine langfristige Zukunft von Opel sehen wir so nicht gewährleistet."
Die Rheinische Post berichtete, dass Frank Stronachs Automobilzulieferer Magna im Falle eines Opel-Einstiegs plane, 19,1 Prozent zu übernehmen, der russische Autohersteller GAS (unter Kontrolle des Oligarchen Oleg Deripaska) und die größte russische Bank, Sberbank, wären an 31 Prozent interessiert. Gemeinsam wolle man fünf Milliarden Euro auftreiben.
Sollte Magna den Zuschlag bekommen, "bleibt im Konzern kein Stein auf dem anderen, das muss allen klar sein", sagt ein Insider zum STANDARD.
Es werde in diesem Fall zu einer Machtverschiebung Richtung Deutschland kommen. Neben der Unternehmenszentrale in Oberwaltersdorf und dem Grazer Werk werde Opel in Rüsselsheim eine führende Rolle spielen. Es werde sich die Frage stellen, ob Graz als "kleine feine Autoschmiede" oder Entwicklungsstandort erhalten bleibt. (tkb, mue, szem, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.4.2009)