Warschau - Die Zahl der Priesteranwärter in Polen nimmt weiter ab. Im vergangenen Jahr begannen zehn Prozent weniger Männer ihre Ausbildung in einem Priesterseminar als im Jahr zuvor, erklärte Bischof Wojciech Polak, beim Episkopat für Berufungen zuständig, bei einer Pressekonferenz. Insgesamt waren es noch knapp über 700 Männer. Damit setzte sich der Trend aus dem Vorjahr fort. Ähnlich sei die Situation bei den Orden, so Polak.

Einen Grund sieht der Bischof in der Entwicklung der Gesellschaft. "Unsere Kultur fördert es nicht, dass wir Verpflichtungen übernehmen und Entscheidungen treffen, die das ganze Leben verändern", sagte Polak. Das gelte für den Eintritt in den Priesterstand ebenso wie für die Eheschließung. Außerdem würden die inneren Probleme der Kirche in der Öffentlichkeit "einseitig und aggressiv dargestellt", was junge Menschen negativ beeinflusse. Darüber hinaus seien viele Eltern, vor allem bei nur einem Kind oder zwei Kindern, gegen eine Priesterweihe, erklärte Polak.

Nach Ansicht von Polak sei die sinkenden Zahl der Priesteranwärter ein "ernstes Signal für alle in der Kirche, die in der Arbeit mit den Familien und Jugendlichen engagiert sind". Diese Arbeit müsse einen "Qualitätssprung" erfahren, um den Trend zu stoppen.

2007 war die Zahl der Anfänger in den polnischen Priesterseminaren um 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 786 Personen gesunken. Auch die Frauenklöster verzeichnen in Polen weniger Zulauf. Sie hätten im vergangenen Jahr 15 Prozent weniger Polinnen aufgenommen als 2007, erklärte Polak

Aber nicht alle polnischen Geistlichen sehen die Entwicklung negativ. "Wer heute ins Priesterseminar geht, der hat sich dafür bewusst entschieden", sagte Mariusz Lach, ein Bruder im Orden der Salesianer, der an der Katholischen Universität in Lublin lehrt. Die meisten Anwärter seien deshalb heute "gefestigter und erwachsener", so Lach. (APA)