Hans Knoll, erster West-Galerist in Budapest.

 

Foto: Corn

Die florierenden Kunstmärkte lagen in den 1980er-Jahren klar im Westen; Art Cologne, Art Basel, New York waren Pilgerstätten kunstaffiner Menschen. Auch der junge Galerist Hans Knoll aus Wien wollte mit Werken junger österreichischer Künstler auf den internationalen Umschlagplätzen mitmischen, schlief voller Begeisterung für die Kunst, aber ohne Geld für Hotels auf Parkbänken und hinter Büschen. Nur leider, der Einsatz lohnte sich nicht. "Dort hat sich niemand darum geschert, was wir ausstellen. Das war eine niederschmetternde Erfahrung."

Also aufhören, weiterjammern - oder Alternativen finden und als erster westlicher Galerist hinter dem Eisernen Vorhang Künstler entdecken, die im Untergrund arbeiteten oder, wie Knoll präzisiert, "am Rand. Sie waren nicht oppositionell, sie waren nur nicht Teil des Ausstellungsbetriebs."

1988 gründete er eine Künstlerkooperative in Budapest, konnte dadurch höchst offiziell ein Büro mieten und eine Mitarbeiterin anstellen. Nein, die österreichischen Künstler wären anfangs nicht rasend begeistert gewesen, "die haben gedacht: Der Knoll hat einen Vogel. Dort kauft ihm eh keiner etwas ab." Aber das, sagt er, sei auch gar nicht seine Strategie gewesen. Sondern er wollte sich mit der Avantgarde aus dem Osten im Westen positionieren. Und ein bisschen Westkunst-Glamour hinter den Vorhang kehren, das wollte er auch.

Im September 1989 schließlich eröffnete er seine Galerie in der Liszt-Ferenc-Ter - bis heute übrigens die einzige westliche Galerie in Budapest. Wiens Kunstszene war fast geschlossen angereist, vor allem aber Künstler aus den Oststaaten. "Damals waren sie im Untergrund, nach der Wende wurden sie Präsidenten und Museumsdirektoren", erinnert sich Knoll an seine Pionierzeit als Verbindungsmann zwischen Ost und West. Die kapitalistische Unterwanderung im kommunistischen Budapest sah übrigens so aus, dass Knoll als Eröffnungsüberraschung die Werke in der jeweiligen Landeswährung verkaufte. Also: 2000 Forinth zahlten die Ungarn, 2000 Schilling die Österreicher, 2000 Dollar die Amerikaner, 2000 Lire die Italiener. Weshalb am Vernissage-Abend beim Kunstdeal Passkontrolle herrschte.

Zwei Monate später ging der Eiserne Vorhang - und mit ihm Knolls Konzept - auf. Der Westen gierte nach Kunst aus dem ehemaligen Ostblock. Hans Knoll, der seine Galeristenkarriere bitterarm in einem Wiener Hinterhof begann, betreibt mittlerweile auch ein Büro in Moskau und wurde zum international gefragten Ost-Kunst-Experten. (asch / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.4./1.5.2009)