Der eine ist langweilig, der andere ist - nicht unbedingt spannend, aber wenigstens ein bisschen bekannter als der andere. Also machte ÖVP-Chef Josef Pröll nicht Othmar Karas, der als gnadenloser Langeweiler verschrieen ist, zum Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, sondern den Lobbyisten Ernst Strasser, der als ehemaliger Innenminister vielen noch in Erinnerung ist. Nicht unbedingt in positiver, aber in Erinnerung. Immerhin. In den Augen von Pröll ist das offensichtlich mehr, als Karas für sich in Anspruch nehmen kann, der nur als kompetent, fleißig und ehrlich gilt.
Jetzt stellt sich aber leider heraus, dass Strasser unbeliebt ist. Bekannter als Karas, das schon, aber eben unbeliebt. In der eigenen Partei. Prominente ÖVPler, darunter ehemalige Obmänner, haben ein Komitee gebildet, um Karas, den Listenzweiten, zu unterstützen. Strasser hingegen steht alleine da.
Er hat ein bisschen Partei hinter sich, den aktuellen Obmann vielleicht, aber was zählt das schon? Strasser selbst weiß ja nicht einmal, ob er besser als liberal denkender Freigeist und verkannter Gutmensch gelten möchte oder doch lieber als manischer Hardliner mit grundkonservativen Wurzeln. Da gibt es selbst in der ÖVP Sympathisanten, die diesen Pendelschlag nicht sauber nachvollziehen können.
Karas mit seinem Komitee steht auf einmal als Rebell da und gewinnt an Farbe. War da nicht gar ein Anflug von Charisma zu erkennen? Jetzt sammelt dieser Mann Vorzugsstimmen, um Strasser abzuhängen. Da kann man Pröll nur gratulieren: Das Match wird doch noch spannend. (Michael Völker/ DER STANDARD-Printausgabe, 31. April/ 1. Mai 2009)