Nürnberg - Die im Frühjahr übliche Besserung auf dem Arbeitsmarkt ist in diesem Jahr ausgeblieben. Im April ging die Arbeitslosenzahl im Vergleich zum März nur um 1000 auf 3,585 Millionen zurück, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mitteilte. Dies seien 171.000 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote blieb bei 8,6 Prozent.
Nur die drastisch steigende Zahl von Kurzarbeitern verhinderte einen jähen Anstieg auf über vier Millionen Arbeitslose. Nach ersten Berechnungen der BA gab es im April etwa 1,3 bis 1,5 Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Dies entspreche etwa 450.000 Vollzeitarbeitsplätzen.
Frühjahrsbelebung bleibt aus
"Die Rezession der deutschen Wirtschaft wirkt sich auf den Arbeitsmarkt aus", sagte BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise. Die übliche Frühjahrsbelebung durch steigende Beschäftigung in den wetterabhängigen Außenberufen werde von der konjunkturellen Entwicklung aufgezehrt. Anstelle des üblichen Rückgangs bis zum Sommer gehe er deshalb von einem Verharren auf dem aktuellen Stand bis Juli oder August aus. "Dann setzt die Erhöhung ein", sagte Weise. Die eigentliche Belastung komme erst nächstes Jahr.
Dem BA-Chef zufolge könnte sich die Arbeitslosenzahl im nächsten Jahr den Höchstständen von 2005 nähern. "Es ist nicht auszuschließen, dass wir Ende 2010 oder 2011 die fünf Millionen erreichen", sagte Weise. "Aber das liegt derzeit im Nebel."
Saisonbereinigt setzte sich der im November 2008 begonnene Anstieg der Arbeitslosigkeit mit einer Zunahme um 58.000 auf nun 3,463 Millionen fort. Auch die Zahl der Erwerbstätigen ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rückläufig. Sie sei im März saisonbereinigt um 43.000 gesunken. Nicht saisonbereinigt gab es demnach im März 39,88 Millionen Beschäftigte.
2,6 Millionen in Kurzarbeit
Abgebremst wird der Absturz auf dem Arbeitsmarkt von der Kurzarbeit. Diese habe Schlimmeres verhindert, sagte Weise. Die BA erwartet in diesem Monat für 400.000 bis 440.000 Beschäftigte neue Anzeigen von Kurzarbeit. Seit Oktober vorigen Jahres hätten somit etwa 80.000 Betriebe für fast 2,6 Millionen Arbeitnehmer vorsorglich Kurzarbeit angekündigt. Wie viele davon tatsächlich in die Zwangspause geschickt wurden, weiß die BA erst Ende Mai.
Nach einer ersten Schätzung haben aber bereits im März mehr als eine Million Arbeitnehmer kurzgearbeitet, wie BA-Vorstand Raimund Becker mitteilte. Die für April geschätzten bis zu 1,5 Millionen Kurzarbeiter entsprächen bei einem Arbeitsausfall von einem Drittel etwa 450.000 Menschen, die sonst arbeitslos wären.
Die BA rechnet in diesem Jahr mit einem weitaus größeren Defizit als den geplanten 10,9 Mrd. Euro. "Es wird höher sein, in einer Größenordnung von 13 bis 14 Milliarden Euro", sagte Weise. Dies kann die BA noch aus ihren Rücklagen von 16,7 Mrd. Euro decken. Im nächsten Jahr türmt die BA dann aber Schulden in Milliardenhöhe auf.
Weise bestätigte Aussagen von BA-Verwaltungsratschef Peter Clever, wonach die BA 2010 ein Defizit von bis 20 Mrd. Euro machen könnte. Damit würden aber die dann noch übrigen Rücklagen verrechnet, sagte Weise, ohne diese zu beziffern. Nach den neuen Zahlen könnte das Finanzpolster dann auf etwa drei Mrd. Euro zusammengeschmolzen sein, so dass die BA 2010 mit einem Schuldenberg von etwa 17 Mrd. Euro dastünde. (APA/Reuters)