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Das Fahrrad hat die Stadt erobert.

Schon deshalb, weil hier die Polarisation nicht entlang der Demarkationslinie zwischen motorisierten und nichtmotorisierten Menschen stattfindet. Auch wegen des Ästhetik-Diskurses. Und wegen der Bevormundungs-Debatte. Helme, sagt S., wären daher ein gutes Erstkolumnenthema. Wären.

Aber, meint S., der Departementchef, das wären sie auch später noch. Doch 1989 sei nur heute Schwerpunkt. Also, fragt S.: Gab es 1989 Stadtradfahrer?

Ganz neben der Spur liegt S.s Frage nicht: Ja, das Rad gab es. Auch in der Stadt. Aber man musste gezielt oder mit der Lupe suchen: City-Biker waren rar. Sie grüßten einander immer - und kannten einander oft. Denn Radfahren war zuerst Statement und erst dann Fortbewegung: Die ersten Fahrradboten etwa diskutierten ernsthaft, ob es überhaupt legitim sei, politisch inkorrekte Betriebe oder Parteien anzufahren. Als Boten, glaubten wir damals, lieferten wir Dinge von A nach B - aber eine Botschaft überallhin: Eine andere (Verkehrs-)Welt ist möglich.

Die Botschaft kam an. 1. Aus ultraschweren Mountainbikes (damals war Kopfsteinpflaster noch sehr verbreitet) wurde stadttaugliches Hightech-Gerät. 2. Allein die Anzahl macht Stadtradler heute unübersehbar - das gibt mehr Sicherheit.

Und 3. Sogar in der Verkehrspolitik hat das Rad es zu etwas gebracht: wo Politiker selbst alltagsradeln (in Salzburg oder Graz etwa) zur ernsthaft mitgedachten Verkehrsoption. Anderswo dagegen lediglich zum permanenten, vollmundigen Lippenbekenntnis. Aber auch das passt zum Tages-Leitmotiv: Schon 1989 war Wien sehr stolz, "anders" zu sein. Und manche Dinge ändern sich eben nicht. (Thomas Rottenberg/DER STANDARD/Automobil/30.4.2009)