Seeräuber haben im Golf von Aden einen weiteren deutschen Frachter gekapert. Eine Militäraktion Deutschlands war Ende vergangener Woche kurzfristig auf Druck der USA abgebrochen worden.
Berlin / Nairobi - Somalische Piraten haben im Golf von Aden erneut ein deutsches Schiff gekapert.

Das Frachtschiff mit elf Mann Besatzung an Bord wurde am Dienstag 120 Seemeilen nördlich der somalischen Stadt Boosaaso angegriffen, wie ein Sprecher der EU-Mission "Atalanta" am Mittwoch bestätigte. Die "MS Victoria" einer deutschen Reederei fuhr nach Angaben der Regierung von Antigua und Barbuda unter der Flagge des Karibikstaats. An Bord waren laut Spiegel online elf Rumänen. Sie sollen, nach Angaben eines Reederei-Sprechers, unverletzt sein. Man habe Kontakt mit dem Kapitän gehabt.

Das Schiff fuhr nach Angaben der Mission "Atalanta" in einem bewachten Pulk, ein Hubschrauber des nächstgelegenen Kriegsschiffes konnte die Entführung jedoch nicht mehr verhindern. Der Überfall sei innerhalb weniger Minuten passiert, "sodass jede Hilfe zu spät kam" , sagte der "Atalanta" -Sprecher. Das "Überraschungsmoment war aufseiten der Piraten" . Der Angriff sei "bei Tageslicht" erfolgt.

Mittlerweile befinden sich mindestens 19 Schiffe in der Hand somalischer Piraten, darunter sind noch zwei weitere deutsche Frachter, die "Hansa Stavanger" und die "MV Patriot" . Beide liegen vor Häfen in Nordsomalia, die von den Piraten kontrolliert werden. Eine geplante Befreiungsaktion der "Hansa Stavanger" durch die deutsche Antiterrortruppe GSG 9 war Ende vergangener Woche abgebrochen worden. Die USA hatten den Deutschen für die Operation die "USS Boxer" als Flaggschiff geliehen. Doch in letzter Minute soll der Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, James Jones, die Aktion laut Spiegel abgeblasen haben.

Die militärische Operation hätte ein Zeichen der Stärke sein sollen. Seit 2005 war in 20 vom Auswärtigen Amt gelösten Entführungsfällen deutscher Staatsbürger Geld geflossen. Jetzt hagelt es Kritik an der Aktion: Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), ist der Meinung, dass der Einsatzbefehl für die GSG 9 zu spät erfolgt sei - wie es in der Neuen Osnabrücker Zeitung heißt. Dort äußert auch der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, Kritik: "Die Koordination innerhalb der Bundesregierung muss verbessert werden, damit künftig schneller gehandelt werden kann" . Der Streit um Zuständigkeiten habe notwendige Beschlüsse verzögert. (spri/DER STANDARD, Printausgabe, 7.5.2009)