Wien/Venedig - Der Giro d'Italia feiert ab Samstag seinen 100. Geburtstag. Ungeachtet aller Skandale im Radsport, auch im eigenen Land, wollen Veranstalter, Fans und Profis bis 31. Mai ein großes Fest zelebrieren. Zum Jubiläum werden auf den 21 Etappen (3.454 km) die größten Städte Italiens besucht, bis zum Finale in Rom warten zudem fünf Bergankünfte und ein 60 Kilometer langes Einzelzeitfahren in den Cinque Terre.
Gleich zwei Etappenorte stellt zum Hunderter des erstmals 1909 ausgefahrenen Giros Tirol. Das sechste Teilstück endet am 14. Mai in Mayrhofen im Zillertal. Tags darauf wird die achte Etappe in Innsbruck gestartet. Insgesamt etwas mehr als 200 der 3454 Giro-Kilometer werden in Österreich zurückgelegt.
Armstrong will Tagessieg
Der Start erfolgt am Samstag mit einem Teamzeitfahren am Lido zu Venedig. Für Glamour wie beim Filmfestival sorgt das Antreten von Lance Armstrong, der seinen allerersten Giro mangels realistischer Siegeschance vor allem genießen will. Sechs Wochen, nachdem er sich in Spanien das rechte Schlüsselbein gebrochen hatte, bewies der 37-jährige Texaner mit Rang zwei bei der allerdings drittklassigen Tour de Gila in New Mexico, dass er aber durchaus für einen Tagessieg infrage kommen könnte.
"Ob in den Bergen oder im Zeitfahren ist egal. Ich wäre enttäuscht, wenn es nicht klappt", sagte Armstrong. Vor allem will er aber seinem Astana-Teamkollegen und US-Landsmann Levi Leipheimer zum Gesamtsieg und also zum zur Feier des Jubiläums von Dolce & Gabbana geschneiderten rosa Trikot verhelfen. Titelverteidiger Alberto Contador, ebenfalls beim in Zahlungsschwierigkeiten steckenden Astana-Team unter Vertrag, hat nichts dagegen. Der Spanier konzentriert sich ganz auf die Tour de France, pfeift auf den Giro.
Österreich ist nur durch den Tiroler Thomas Rohregger vertreten, der sich zwar selbst ein Greenhorn nennt, auf dem aber bezüglich Gesamtwertung die Hoffnungen seines Teams Milram ruhen. Eine Platzierung um Rang 20 hält der 26-jährige Kramsacher für realistisch. "Ich glaube, dass mein Körper gemacht ist für längere Rundfahrten." Bei der Tour de Romandie belegte der Gewinner der Österreich-Rundfahrt 2008 zuletzt den gar nicht üblen 28. Platz.
Italienische Dominanz
Die italienischen Profis wollen dafür sorgen, dass der Vorjahressieg des Spaniers Alberto Contador der einzige eines Ausländers in den jüngsten 13 Auflagen bleibt. Als ihre ersten Herausforderer gelten Levi Leipheimer (Astana ) und Ex-Vuelta-Sieger Denis Mentschow (Rabobank). Italienische Favoriten gibt es mehrere. Zeit zum Einrollen bleiben Ivan Basso (Sieger 2006), der seine erste große Rundfahrt nach einer Dopingsperre bestreitet und 2005 Armstrongs größter Rivale bei dessen Tour-Sieg war, Damiano Cunego (2004) oder Danilo di Luca (2007) aber keine. Schon am vierten Tag wartet in San Martino di Castrozza die erste Bergankunft, tags darauf geht es über den nahen Rolle-Pass auf die Seiseralm.
Und dann rollt der Jubiläums-Giro auf der sechsten Etappe am Donnerstag (14.5.) via Pustertal nach Österreich. Sillian, Lienz, Matrei, Felbertauern, Mittersill, Krimml, Gerlospass werden passiert, bevor in Mayrhofen im Zillertal (ca. 17.00 Uhr) der Sieger ermittelt wird. Tags darauf erfolgt in Innsbruck der Start (11.00) zum 244-km-Abschnitt über Landeck, Pfunds und das Schweizer Engadin nach Chiavenna.
Gefürchtete Anstiege wie Mortirolo oder Monte Zoncolan fehlen zwar im Programm und die geplante Route der 10. Etappe in Frankreich mit Col de Vars und Izoard musste geändert werden. Den Kletterern wird dennoch alles abverlangt. Etwa auf dem 16. Abschnitt mit insgesamt 4.800 Höhenmetern und Bergankunft auf dem Monte Petrano.
Bekanntmachung mit der Seiseralm
Rohregger reiste am Mittwoch nach Italien, legte aber in Südtirol einen Zwischenstopp ein, um den Anstieg auf die Seiseralm auf dem Rennrad zu inspizieren. Nach überstandenen Darmproblemen, die ihn lange geplagt haben, hat der Sieger der Österreich-Rundfahrt zuletzt auf der Tour de Romandie Selbstvertrauen getankt. "Ich habe gesehen, dass die Form passt", erklärte der 26-jährige Kramsacher, der sich auf das Gesamtklassement konzentrieren wird. "Ich bin ein Greenhorn, aber es ist natürlich auch eine Erwartungshaltung des Teams da", sagte Rohregger. Er hält eine Platzierung um Rang 20 für realistisch und freut sich auf die Herausforderung. "Ich glaube, dass mein Körper gemacht ist für längere Rundfahrten." (red/Sigi Lützow)