Sydney/Hamburg - Abgase wie Kohlendioxid (CO2) reichern sich in der Atmosphäre an und hindern Wärmestrahlung daran, ins All zu entweichen. So erwärmt sich die Atmosphäre zunehmend. Australien will nun den idealen Ausweg aus dieser klimaverändernden Spirale gefunden haben. Aber nicht etwa durch eine Reduktion der Treibhausgase.

Wissenschafter des Cooperative Research Centre meinen, ein Viertel des jährlichen Kohlendioxidausstoßes Australiens sicher im Erdboden endlagern zu können. Mit verbesserter Technik ließen sich noch weitaus größere Abgasmengen unschädlich machen, erklärt Peter Cook, Direktor des Zentrums: "Australien hat genug unterirdische Kapazitäten, um den Kohlendioxidausstoß der nächsten 1600 Jahre aufzunehmen."

Dass die CO2-Entsorgung funktioniere, habe sich in der Nordsee gezeigt. Dort haben britische Geologen der Ölfirma Statoil am Erdölfeld Sleipner vor der Küste Norwegens fünf Millionen Tonnen CO2 im Meeresboden entsorgt. Das Gas gelangt dort zunächst mit dem geförderten Erdöl und Erdgas ans Tageslicht und würde normalerweise in die Luft entweichen. Ein gewaltiger Kompressor auf der Förderplattform presst es aber 1000 Meter tief in den Meeresboden, hinein in eine 165 Millionen Jahre alte und nach oben von Schieferplatten abgedichtete Sandsteinschicht. Dort scheint es zu bleiben.

Im Gegensatz zu Statoil wollen die Australier nicht nur bei der Ölförderung anfallendes, sondern auch in anderen Abgasen enthaltenes CO2 entsorgen. Ab Juli entwickeln 60 Wissenschafter in einem speziellen Forschungsprojekt entsprechende Technik wie Pipelines und Pumpen und erkunden Lagerstätten. In fünf Jahren soll das erste Entsorgungssystem in Betrieb gehen.

Ein geeignetes Endlager ist schon gefunden: Ein Erdgasfeld vor der Nordwestküste des Landes im Naturschutzgebiet Barrow Island soll das CO2 aufnehmen. Bisher ist es noch recht schwierig, das Gas abseits von Förderanlagen einzufangen. Man will es mit Windzäunen versuchen, die mit Kalziumlösung getränkt werden, die sich mit CO2 zu einem unschädlichen Salz verbindet. Das Gas soll dann ausgewaschen werden.

Für Kraftwerke gibt es inzwischen CO2-Filter. Die Fixierung des Gases ist aber sündteuer. Die Filterung der Abluft in einem Kraftwerk in Bellingham in den USA erhöht den Strompreis für die Kilowattstunde um etwa drei Cent. Auch bei Sleipner hat sich gezeigt, dass die Kosten beträchtlich sind. Die komplexe Technik erfordert zusätzlichen Energieaufwand. Eine Tonne des Gases unterirdisch zu lagern kostet 40 bis 50 Euro. Bei Sleipner lohnt sich die Entsorgung nur, weil norwegische Steuern auf CO2-Abgase gleich hoch sind wie die Kosten für seine Versenkung.

Zusätzlich zu diesen Problemen sehen sich die Australier Protesten der Umweltschützer gegenüber. "Barrow Island ist ein Naturreservoir erster Güte mit seltenen Tieren und Pflanzen", sagt Beth Schultz vom Conservation Council of Western Australia. Statt in Entsorgung solle man besser in CO2-Vermeidung investieren. Zudem könnten die unterirdischen Gasblasen in gefährdeten Gebieten das Erdbebenrisiko erhöhen.

Der australischen Regierung jedoch käme ein solches Endlager gerade recht. Sie hat das Kioto-Protokoll nicht unterschrieben, seit 1990 ist der CO2-Ausstoß des Landes um 17 Prozent gestiegen. (Axel Bojanowski/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15./16. 3. 2003)