Mit dem Zwischenbericht der wiedereingesetzten Kommission zum Fall Natascha Kampusch taucht erneut die Frage nach möglichen Mitwissern auf. Hier die wichtigsten Antworten zum Stand der Dinge - Von Irene Brickner und Michael Simoner

Gibt es im Zwischenbericht der Kampusch-Kommission konkrete Hinweise auf mögliche Komplizen?
Antwort: Nein, sagt Michaela Schnell von der zuständigen Staatsanwaltschaft Wien.

Bald nach der Flucht von Natascha Kampusch am 23. August 2006 und dem Suizid des Entführers Wolfgang Priklopil haben Polizei und Staatsanwaltschaft den Kriminalfall abgeschlossen. Wieso wurde damit später eine unabhängige Kommission unter der Leitung des ehemaligen Verfassungsgerichtshof-Präsidenten Ludwig Adamovich befasst?
Antwort: Weil Ex-Kripochef Herwig Haidinger in der politischen Schlammschlacht um seine unfreiwillige Ablöse behauptet hatte, dass das VP-regierte Innenministerium aus wahltaktischen Gründen einen Ermittlungsfehler der Polizei vertuscht habe. Konkret ging es um den Hinweis eines Diensthundeführers, der wenige Wochen nach dem Verschwinden Kampuschs am 2. März 1998 zum Entführer in Strasshof geführt hätte. Da die Adresse aber aufgrund der Beschreibung des Tatfahrzeuges routinemäßig überprüft und Priklopil kurz befragt worden war, blieb der Hinweis ein Aktenvermerk.

Die Kommission lieferte im Sommer 2008 einen Abschlussbericht. Gab es darin Hinweise auf Mitwisser oder Mittäter und waren diese Grund der neuerlichen Einberufung?
Antwort: Die Kommission stellte grobe Strukturmängel bei den Ermittlungen und in der Öffentlichkeitsarbeit fest. Eine politische Vertuschung wurde nicht bestätigt. Die Frage, ob es weitere Verdächtige gibt, zählte nicht zum Aufgabenbereich der Evaluierer. Doch schon vor dem Endbericht hatte Adamovich in einem _Standard-Interview gesagt, dass es „mehrere Hinweise" gebe, die „Zweifel an der offiziellen Einzeltätertheorie" aufkommen ließen.

Was ist mit der angeblichen Spur ins Sexgeschäft?
Antwort: Vergangenen Dezember ließ der neue Kripochef Franz Lang mit der Bemerkung aufhorchen, dass „im weiteren Umkreis des Falles Verdachtsmomente in Richtung Kinderpornografie und eines Pornorings" aufgetaucht seien. Deswegen und aufgrund der aufgezeigten Polizeipannen gab die Staatsanwaltschaft Auftrag für ein neues Verfahren, und auch die Kommission wurde vom Innenministerium wiedereingesetzt. Die neuen Nachforschungen haben laut Chefermittler Erich Zwettler mitgeholfen, einen Fall versuchten Kidnappings an einer 13-Jährigen aus 2002 zu klären.

Wie reagiert das Umfeld Natascha Kampuschs auf die neuerlichen Gerüchte?
Antwort: Kampuschs Anwalt, Gerald Ganzger, ist „überrascht": Er und seine Klientin seien in die Kommissionsarbeit nicht eingebunden. Die „lückenlose Aufklärung" der Causa sei „zu begrüßen". Denn der erste Kommissionsendbericht habe ergeben, dass bei den Polizeiermittlungen „einiges unrund gelaufen ist". (Irene Brickner und Michael Simoner, DER STANMDARD Printausgabe 7.5.2009)