Berlin - Deutschland hat die angestrebte 50-Prozent-Mehrheit an der Hypo Real Estate (HRE) mit seinem Kaufangebot knapp verfehlt. Für eine Komplettübernahme des maroden Immobilienfinanzierers durch den Staat ohne die umstrittene Enteignung dürfte es dennoch reichen.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zeigte sich daher mit dem nun gesicherten Anteil von gut 47 Prozent zufrieden. Die EU-Kommission kündigte am Donnerstag an, die Mrd.hilfen prüfen zu wollen. In Berlin nahm der Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Krise der HRE seine Arbeit auf. FDP, Grüne und Linkspartei wollen dabei auch mögliche Bilanztricks zwischen der HRE und der BayernLB beleuchten.

Mit seinem Kaufangebot von 1,39 Euro je Aktie hat sich der Bund nach Angaben des staatlichen Rettungsfonds SoFFin 47,31 Prozent der Anteile an dem angeschlagene Institut gesichert. Damit steigen die Chancen, dass sich der Bund Anfang Juni auf der Hauptversammlung im Zuge einer Kapitalerhöhung weitere Anteile sichert und die restlichen Aktionäre dann mit einer Zwangsabfindung herausdrängen kann. Die Rede ist von frischem Kapital zwischen fünf und sechs Mrd. Euro. "Dies stärkt die Eigenkapitalbasis der Gesellschaft nachhaltig und treibt die erforderliche Restrukturierung zügig voran", erklärte der SoFFin. Bisher stellte der Staat Garantien von 87 Mrd. bereit.

Fortbestand gesichert

Steinbrück erklärte: "Ich freue mich über dieses Ergebnis." Damit könne der Bund die geplante Übernahme der HRE auf aktienrechtlichem Wege fortsetzen. "Nur durch die vollständige staatliche Übernahme können der Fortbestand der HRE gesichert und die Interessen der deutschen Steuerzahler gewahrt werden." Am Rande einer Veranstaltung sagte er, es bestehe nun eine große Wahrscheinlichkeit, dass der Bund auf der Hauptversammlung eine Mehrheit bekomme. Ob eine Enteignung vom Tisch sei, hänge davon ab, wie die Hauptversammlung entscheide. Die Enteignung bleibe als letztmögliches Instrument bestehen.

Aktionärsschützer pochten darauf, das Thema Enteignung endgültig zu begraben. "Es wird Zeit, dass sich die Bundesregierung mit dem Kapitalmarkt versöhnt und ihre Drohkulisse wieder abbaut", hieß es bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Angesichts einer hohen Annahmequote könne der Bund jetzt "mit aktienrechtlich unstrittigen Instrumenten die vollständige Kontrolle über die notleidende Bank erlangen". Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erklärte, die als ultima ratio vorgesehene Enteignung sollte vom Tisch sein. Das Instrument des Übernahmeangebots habe sich als erfolgreich erwiesen.

Vollständiger Erwerb

Der Bund plant den vollständigen Erwerb der HRE. Zunächst will der SoFFin dafür das Grundkapital erhöhen. Die neuen Aktien sollen ohne Bezugsrecht der Alt-Aktionäre ausschließlich vom Fonds gezeichnet werden. So will der SoFFin auf eine Kapital- und Stimmenmehrheit von 90 Prozent an der HRE kommen, die einen Zwangsausschluss ("Squeeze Out") der restlichen Aktionäre ermöglicht. "Der Fonds geht davon aus, dass der Preis in diesem Verfahren nicht über dem Angebotspreis von 1,39 Euro pro Aktie liegen wird", hieß es.

Ursprünglich hatte sich der Bund mit seinem Kaufangebot an die Aktionäre zwar einen Anteil von mindestens 50 Prozent erhofft, um die milliardenschwere Kapitalerhöhung auf der Hauptversammlung problemlos durchsetzen zu können. Da für die Kapitalmaßnahmen aber auch eine einfache Mehrheit ausreicht, wenn die Hälfte des Grundkapitals auf dem Aktionärstreffen vertreten ist, kann der Bund sein Ziel auch mit einem geringeren Anteil erreichen.

Prüfung des Rettungspakets

Die EU-Kommission wird das Rettungspaket unter die Lupe nehmen. "Die Änderung eines Geschäftsmodells ist nicht einfach, für die HRE aber essenziell", sagte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. "Es muss dezidiert dafür gesorgt werden, dass es keine Wettbewerbsverzerrungen gibt. Das ist angesichts des Hilfsvolumens besonders wichtig."

Die Opposition im Bundestag will unterdessen auch mögliche Bilanztricks zwischen den angeschlagenen Banken BayernLB und Hypo Real Estate (HRE) näher beleuchten. FDP, Grüne und Linkspartei haben den Verdacht, dass sich die BayernLB als Parkplatz für die verlustträchtigen Risikopapiere der HRE angeboten haben könnte. Bis Ende September wollen sie zudem aufklären, welche Rolle die Bundesregierung, Finanzaufsicht und Bundesbank gespielt haben. (APA)