Baikonur/Moskau - Eine russische Sojus-Kapsel hat am Freitag drei neue Besatzungsmitglieder zur Internationalen Raumstation ISS gebracht. Um 14.34 Uhr MESZ dockte die Kapsel erfolgreich an der ISS an, wie ein Sprecher des Kontrollzentrums in Moskau mitteilte. Das Manöver wurde automatisch gesteuert. Das russische Fernsehen zeigte Livebilder des Vorgangs.
Neben dem Russen Roman Romanenko waren der Belgier Frank de Winne und der Kanadier Robert Thirsk an Bord der Sojus-Kapsel. De Winne wird im Oktober erster westeuropäischer ISS-Kommandant.
Die Bewohner der ISS
An Bord der ISS treffen sie auf den Russen Gennadi Padalka, den US-Astronauten Michael Barratt und den Japaner Koichi Wakata. Die länderübergreifende Zusammenarbeit im All und auf der Erde sei ein Beispiel dafür, dass gemeinsam "unglaubliche Sachen" erreichbar seien, sagte De Winne kurz vor seinem Abflug. Zum ersten Mal werden nun Raumfahrer aller an der ISS beteiligten Partner in der Raumstation forschen und arbeiten.
Damit arbeiten erstmals sechs Menschen in der Raumstation. Die bisherigen ISS-Trios hatten nur eine halbe Planstelle für die Forschung. Zudem ist mit der Auslastung der Station die Ära der Weltraumtouristen vorerst vorbei.
An Bord der ISS ist Romanenko mit 37 Jahren der Jüngste. Für ihn ist es die erste Reise ins All. Doch in der ISS kann er gewissermaßen auf vertrauten Spuren wandeln: Sein Vater Juri war noch zu Sowjetzeiten Kommandant der Raumstation. Auch für den 55-jährigen Thirsk ist der Flug zur ISS etwas Besonders: Länger als 18 Tage war ein kanadischer Astronaut bisher nie im All - Thirsks Einsatz dauert nun gleich ein halbes Jahr.
Vertrag verlängert
Die NASA und Russlands Raumfahrtbehörde Roskosmos verlängerten unterdessen ihren Vertrag über Starts von US-Astronauten mit Sojus-Raketen zur ISS bis 2013. Für insgesamt vier Starts mit je drei Astronauten zahle die NASA 306 Millionen Dollar (221 Millionen Euro), teilte ein Roskosmos-Sprecher am Freitag in Moskau mit. Zwei Starts seien für Frühjahr 2012 und weitere zwei für Herbst 2012 geplant. Die letzte Crew kehre im Frühjahr 2013 zur Erde zurück, hieß es. Auch wegen der Finanzkrise könne die NASA derzeit kein neues eigenes Raumschiff termingerecht entwickeln, mit dem die überholten Space-Shuttles ersetzt werden sollen.
Platzprobleme
Anders als bei bisherigen Missionen hat die Mannschaft an Bord diesmal ganze vier Monate Zeit, den Neuankömmlingen die Neuerungen und den Stand der Arbeiten zu zeigen. Damit hat die höhere Besatzungszahl auch ihr Gutes. Dass es aber mindestens zum Teil Platzprobleme geben wird, lässt sich nicht leugnen.
Im Vorfeld wünschten sich die Astronauten bereits einen größeren Tisch in der ISS, "an dem wir alle zusammen essen und reden können", wie Romanenko sagte. Wenn die Raumfahrer dann gemeinsam an der Tafel sitzen, können sie diesmal auch kanadische Spezialitäten kosten: Thirsk kündigte an, unter anderem Rentierfleisch mit ins All zu nehmen.
Geplante Forschung
Der Flug zur ISS ist für die Astronauten aber natürlich nicht nur ein Vergnügen - die Arbeit steht für sie im Mittelpunkt. So wird Thirsk unter anderem Medikamente für eine Studie einnehmen, die Mittel gegen Knochenschwund in der Schwerelosigkeit untersuchen soll. Im vergangenen Jahr wurde an der ISS das europäische Columbus-Labor montiert, das drei Forschern Platz für Versuche zu Biotechnik, Medizin, Material- und Flüssigkeitenforschung bietet.
Das japanische Forschungslabor Kibo wiederum soll Platz für vier Astronauten bieten. Weil dies alles einen höheren Energieverbrauch bedeutet, brachten Astronauten in diesem Jahr bereits ein viertes Solarmodul zur Stromgewinnung an der ISS an. (APA/red)