N'Djamena - Bei schweren Kämpfen zwischen Rebellen und Regierungstruppen sind im Tschad mehr als 140 Menschen getötet worden. Wie die Konfliktparteien übereinstimmend bestätigten, gab es am Freitag etwa hundert Kilometer südlich der Stadt Abéché im Osten des afrikanischen Landes schwere Gefechte. Die Eskalation wurde international verurteilt.

Die Rebellen der Vereinigten Streitkräfte für den Widerstand (UFR) waren am Wochenanfang aus dem benachbarten Sudan in den Tschad eingedrungen. Am Donnerstagabend eskalierten nahe der Stadt Am-Deressa die Auseinandersetzungen, laut tschadischer Armee wurden 125 Rebellen und 21 Soldaten getötet. 152 Aufständische seien gefangen genommen worden, es gab mindestens 30 Verletzte. Zivilisten seien von den Kämpfen verschont geblieben, da diese sich außerhalb der Stadt abspielten.

Die Angaben über die Kämpfe am Freitag waren zunächst widersprüchlich. Im Bereich Harouich seien 60 Fahrzeuge der Rebellen "neutralisiert" worden, berichtete das tschadische Fernsehen unter Berufung auf Regierungsangaben aus N'Djamena. Die Rebellen wiesen dies zurück. Bei den Kämpfen habe es auf Armeeseite "mehrere Dutzend Tote und Verletzte" gegeben, hieß es in einer der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Erklärung. Die Rebellen zogen sich den Angaben zufolge an einen geheimen Ort zurück.

Hilfsorganisationen unter Druck

Wegen der Auseinandersetzungen brachten mehrere Hilfsorganisationen Mitarbeiter in Sicherheit, die in dem Grenzgebiet zwischen Sudan und Zentralafrikanischer Republik rund 450.000 Flüchtlinge betreuen. Das Welternährungsprogramm (WFP) musste die Nahrungsmittellieferungen in eines von zwölf UN-Flüchtlingslagern einstellen, auch die Versorgung mehrerer Regionen im Ost-Tschad aus der Luft wurde unterbrochen. Das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) kündigte hingegen trotz der "unberechenbaren Sicherheitslage" die Fortsetzung ihrer Arbeit an.

In der Stadt Goz Beïda beruhigte sich die Lage nach Angaben von Mitarbeitern der UN-Mission Minurcat. Die Armee sei in dem Gebiet präsent, sagte ein Sprecher. Die Lage scheine sich zu normalisieren.

Vormarsch auf N'Djamena

Die Aufständischen wollten nach eigenen Angaben ihren Vormarsch auf die tschadische Hauptstadt N'Djamena fortsetzen. Bereits im Februar hatten dort Rebellen versucht, Präsident Idriss Deby Itno zu stürzen. In der UFR haben sich neun Rebellenorganisationen zusammengeschlossen. Dass sie den Sudan und dabei auch die Krisenprovinz Darfur als Rückzugsort nutzen, sorgt seit Jahren für Spannungen zwischen beiden Ländern.

Mit den erneuten Kämpfen dürfte auch ein Abkommen hinfällig sein, das der Sudan und der Tschad vergangenen Sonntag in Katar geschlossen hatten. Beide Seiten verpflichteten sich darin, keine Rebellengruppen auf dem eigenen Territorium mehr zu unterstützen. Ähnliche Übereinkünfte waren in den vergangenen Jahren schon mehrfach gebrochen worden.

Nach den USA verurteilten auch die EU und die Afrikanische Union (AU) den Einmarsch der Rebellen in den Tschad. EU-Chefdiplomat Javier Solana forderte die Aufständischen zu Gewaltverzicht und Verhandlungen mit der tschadischen Regierung auf. Der AU-Kommissar für Frieden und Sicherheit, Ramtane Lamara, verurteilte nach einem auf Bitten des Tschad einberufenen Krisentreffen den "Verlust von Menschenleben". Der UN-Sicherheitsrat kündigte für Freitag eine Sondersitzung zur Lage im Tschad an.

Zum Schutz von Flüchtlingen aus der sudanesischen Krisenprovinz Darfur ist auch eine EUFOR-Truppe mit österreichischer Beteiligung im Osten des Tschad stationiert. Mitte März übernahm die UNO diese Aufgabe mit der Mission Minurcat, die vor allem aus afrikanischen Soldaten bestehen soll. Zunächst sind aber noch rund 2.000 EUFOR-Soldaten, unter ihnen bis zu 130 Soldaten des Bundesheeres, im Einsatz. (APA)