Die Schicht des Sehepithels ist unregelmäßig und an einer Stelle unterbrochen und aufgeworfen.

Foto: Wiener AKH/Ursula Schmidt-Erfurth

Das Auge altert ab der Geburt. Sieben bis acht Prozent der 50-Jährigen, 30 bis 40 Prozent der 70-Jährigen und mehr als 95 Prozent der 80 bis 90-Jährigen leiden unter einer Degeneration des Sehpigments", weiß Ursula Schmidt-Erfurth, Netzhautspezialistin und Leiterin der Wiener Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie am Wiener AKH. Das Sehpigment liegt im Pigmentepithel der Netzhaut und kümmert sich dort um verschiedene Stoffwechselprozesse.

Beim älter werdenen Menschen gleicht das Sehpigment zunehmend einer Müllhalde. Stoffwechselprodukte häufen sich darin, Zellen sterben ab, das Epithel wird zunehmend dünner und löchrig. Ein degenerativer Prozess der bis zur Erblindung führen kann. Die ersten Seheinschränkungen ähneln dabei denen des grauen Stars: Farben und Schrift werden nicht mehr so gut erkannt, stärkere Beleuchtung ist notwendig, während sich gleichzeitig die Lichtempfindlichkeit erhöht. Typischerweise bleibt das äußere Gesichtsfeld vorerst erhalten, auch die Nachtsicht ist oft noch gut, Details werden allerdings nicht mehr erkannt.

Von schwachen Farben bis zur Erblindung

Mehr als 30 Prozent der Neuerblindungen in den Industriestaaten bei Menschen über 50 Jahren sind auf die altersbedingte Makuladegeneration zurückzuführen, rund 125.000 Menschen leiden in Österreich daran. Circa 80 Prozent davon sind von der sogenannten „trockenen" altersbedingten Makuladegeneration betroffen. Aus den anfänglich erwähnten kleinen Löchern in der Netzhaut, werden allerdings irgendwann ganze Flächen. Die Sehfähigkeit schwindet. Kommen Gefäßneubildungen mit der Gefahr von Blutungen dazu, dann wird aus der trockenen eine feuchte Makuladegeneration.

Seit zwei Jahren kann die feuchte Variante im Rahmen einer an der Augenklinik des Wiener AKH entwickelten Antikörper-Therapie erfolgreich gestoppt werden. Die trockene Makuladegeneration, waren bislang therapeutisches Stiefkind. Das Team um Schmidt-Erfurth hat nun Möglichkeiten gefunden den Alterungsprozess des Sehpigments generell zu verhindern beziehungsweise zu therapieren.

Gegen die trockene Variante

Neue Substanzen wurden entwickelt, die erstmals den Verlauf der Erkrankung zum Stillstand bringen. "Eine der wesentlichen Grundlagen für die fortschreitende Zerstörung des Sehpigments ist ein chronischer Entzündungsprozess, der durch eine so genannte Komplement-Aktivierung verursacht wird", erklärt Schmidt-Erfurth. Genau hier setzen zwei verschiedene Arzneimittel an. Eines davon kann der Patient selbst anwenden, da es in Tropfenform zugelassen werden wird. Das zweite wird als schmerzlose Injektion vom Augenfacharzt verabreicht und soll ab Herbst 2009 Einzug in Ordinationen und Apotheken halten.

Innovative Therapie mit innovativer Diagnostik

Eine optimale Therapie, setzt auch eine optimale Bildgebung im Vorfeld voraus. Die Wiener Augenklinik hat eine Technik entwickelt, die eine gezielte Darstellung der Sehpigment-Schicht erlaubt. Polarisationstomographie heißt die Methode, das Team rund um Christoph Hitzenberger, vom Institut für Medizinische Physik zeichnet sich für die technischen Feinheiten verantwortlich. "Mit dem Polarisationstomographen messen wir das Sehpigment, so als wäre die Netzhaut nicht darüber. Man sieht ganz genau, wo es dünn ist, wo Löcher drin sind oder sich Ablagerungen befinden", erklärt Schmidt-Erfurth. Fortschritt und Verlauf der Erkrankung lassen sich mit Hilfe dieser Untersuchungsmethode besser beurteilen. Früherkennung ist möglich geworden. Gemeinsam mit den neuen Therapien lässt sich die altersbedingte Degeneration generell verhindern.

Nutzen für Diabetiker

Für Diabetiker wurde mit der Polarisationstomographie eine neue Generation der Lasertherapie eingeläutet. Therapiert wird mittlerweile ganz gezielt, mit Hilfe der exakten Bildgebung werden Netzhautschäden zunehmend kleiner. Schmidt-Erfurth: „Nur mehr die Schichten am Sehpigment selbst werden angegriffen, wodurch man das Risiko einer Verödung der Netzhaut vermeidet." (Eva Tinsobin, derStandard.at, 11.05.2009)