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Tausende Zivilpersonen waren in der Stadt Mingora eingeschlossen. Mingora hatte noch vor zwei Jahren etwa 360.000 Einwohner.

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500.000 Menschen seien in den vergangenen Tagen geflohen, die Zahl der Flüchtlinge in dem Gebiet sei damit seit August auf eine Million gestiegen, erklärte das UN-Flüchtlingshilfswerk am Freitag in Genf.

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Die Bewohner der wichtigsten Stadt der Region forderten eine Feuerpause, um die Flucht ergreifen zu können.

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Augenzeugen berichteten einem AP-Reporter in Mingora jedoch, dass die Taliban die Menschen inzwischen zurückhielten und sie als Schutzschilde missbrauchen wollten.

Peshawar/Genf - Die pakistanische Armee ist in ihrer seit zwei Wochen andauernden Offensive gegen die islamistischen Taliban weiter in das umkämpfte Swat-Tal vorgerückt. Binnen 24 Stunden seien mehr als 140 Aufständische getötet worden, sagte ein ranghoher Militärsprecher am Freitag. Eine vom Militär verhängte Ausgangssperre drohte Zivilisten die Flucht aus den Gebieten an der Grenze zu Afghanistan zu erschweren. Der pakistanische Premierminister Yousuf Raza Gilani hatte am Donnerstagabend in einer Ansprache an die Nation angekündigt, die Armee werde die Aufständischen "ausmerzen".

Regierungschef Gilani kündigte die Verschärfung der Offensive am späten Donnerstagabend in einer Rede an die Nation an. "Wir haben die bewaffneten Truppen angewiesen, die islamistischen Kämpfer und Terroristen auszulöschen." Ziel sei die Wiederherstellung der "Ehre und Würde unseres Heimatlands". Präsident Asif Ali Zardari sagte während seines Besuchs in Washington, der Militäreinsatz werde so lange andauern, bis wieder "Normalität" herrsche. Pakistans Staatsspitze setzte damit de facto ein im Februar mit den islamistischen Extremisten in der Region getroffenes Abkommen außer Kraft. Im Gegenzug zu einem Waffenstillstand war im Swat-Tal und sechs weiteren Bezirken das islamische Scharia-Recht eingeführt worden.

140 Aufständische getötet

US-Verteidigungsminister Robert Gates begrüßte bei einem Besuch am Freitag in Kabul das Vorgehen Pakistans gegen die Taliban. In Washington hatte der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari seinem US-Kollegen Barack Obama versichert, er halte am Ziel fest, die Al-Kaida und ihre Verbündeten zu besiegen. Obama sagte ihm und dem afghanischen Präsidenten Hamid Karzai die Unterstützung der USA zu. Die USA sehen das Erstarken der Taliban mit großer Sorge.

Bei den Kämpfen seien seit Donnerstagmittag mehr als 140 Aufständische getötet worden, sagte Generalmajor Athar Abbas vor Journalisten in Islamabad. Allein am Freitag wurden 34 Rebellen getötet. Die Armee befinde sich in einer "großangelegten Operation zur Eliminierung von Bösewichtern". Die Aufständischen seien auf der Flucht, gleichzeitig versuchten sie Zivilisten am Verlassen der Region zu hindern. Die pakistanische Luftwaffe beschoss nach Armeeangaben auch erneut mutmaßliche Taliban-Stellungen in den Orten Matta, Kabal und Khawazakhela.

Armee rückt vor

Die Armee rückte nach Angaben eines örtlichen Militärsprechers am Freitag weiter Richtung Norden in das Swat-Tal vor. Nach Angaben der pakistanischen Militärpresse sind etwa 100.000 Soldaten in den unruhigen Grenzregionen zu Afghanistan stationiert. Trotz der starken Präsenz haben die islamistischen Taliban ihren Einfluss in den vergangenen zwei Jahren immer weiter ausgebaut. Sie beherrschen Schätzungen zufolge die Hälfte der Nordwestprovinz, zu der auch das Swat-Tal gehört. Am Freitag berichtete ein aus dem ehemaligen Skiort Mingora geflüchteter Augenzeuge, die Stadt werde vollständig von Taliban kontrolliert. Sicherheitskräfte seien nicht in Sicht. Um den Truppenaufmarsch zu erleichtern, verhängte die Armee eine unbegrenzte Ausgangssperre vom Bezirk Malakand bis ins Swat-Tal.

Zahlreiche Kinder getötet

Die Ausgangssperre dürfte die Möglichkeiten für Zivilisten weiter einschränken, aus dem Kampfgebiet zu fliehen. Bisher verließen mehr als 150.000 Menschen die Region. Augenzeugen beschuldigten die Taliban und die Armee, bei ihren Angriffen auch wahllos Zivilisten zu töten. Eine Bewohnerin des Dorfes Buner berichtete, nach einem Luftangriff der Armee etwa hundert Leichen gesehen zu haben, darunter zahlreiche Kinder.

Das Vorgehen der Streitkräfte hat im Nordwesten des Landes nach Angaben der Vereinten Nationen zu einem Massenexodus geführt. 500.000 Menschen seien in den vergangenen Tagen geflohen, die Zahl der Flüchtlinge in dem Gebiet sei damit seit August auf eine Million gestiegen, erklärte das UN-Flüchtlingshochkommissariat am Freitag in Genf. Rund 200.000 Menschen seien in sicheren Gebieten angelangt, etwa 300.000 seien noch auf der Flucht, sagte UNHCR-Sprecher Ron Redmond.

Bei Anschlägen im Süden von Afghanistan wurden seit Donnerstag mindestens drei Soldaten der NATO und 21 Zivilpersonen getötet. Ein Selbstmordattentäter in der Provinz Helmand riss zwei Soldaten und 21 Zivilpersonen in den Tod, wie NATO und örtliche Behörden am Freitag mitteilten. 23 Menschen wurden teils schwer verletzt. Nach dem Anschlag vom Donnerstag hatten die Behörden zunächst von zwölf Toten gesprochen. Ein weiterer NATO-Soldat wurde im Süden bei der Explosion einer Bombe am Straßenrand getötet. Ein vierter NATO-Soldat, ein Brite, erlag am Donnerstag seinen Schussverletzungen. Die Zahl der getöteten britischen Soldaten seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes im Jahr 2001 stieg damit auf 157. (APA/AP/dpa/Reuters)