Geschältes Obst ist besser verträglich. Im Mai raten Experten dazu, auf Äpfel, Birnen und Steinobst zu verzichten.

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Wien - Juckreiz an den Lippen, Kratzen im Hals, Schwellungen der Rachenschleimhaut, Hautrötungen und Pusteln, dazu wässriger Schnupfen und juckende, gerötete Augen: Das Symptombild einer Kreuzallergie. Von Mai bis August senden fast alle Gräser und Getreide sowie einige Bäume, wie die Birke, ihre Blütenpollen aus. Für Pollenallergiker kann diese Saison zur regelrechten Doppelbelastung werden, denn sie können auch auf bestimmte Obst- und Gemüsesorten allergisch reagieren.

Allergene vergleichbar

Entwickelt sich bei einer bestehenden Allergie gegen einen Stoff auch eine Allergie gegen einen anderen Stoff, der dem ersten sehr ähnlich ist, so spricht man von einer Kreuzallergie. Zum Beispiel reagieren bei einer Allergie gegen Gräserpollen dieselben Antikörper, welche die Gräserpollen erkennen, auch mit Pollen verwandter Pflanzen, wie mit Getreidepollen. Befinden sich die kreuzreagierenden Allergieauslöser in Nahrungsmitteln, so entsteht aus einer Allergie zusätzlich eine Nahrungsmittelallergie. Wenn jemand eine Allergie gegen Birkenpollen hat, dann besteht zumeist auch eine Allergie gegen Äpfel, Birnen, Karotten, Haselnüsse und Walnüsse. Sie wird auch als „Frischobstallergie" bezeichnet, weil das wichtigste Allergen hitzelabil ist und die Betroffenen gekochtes Obst und Gemüse gut vertragen. Die Nüsse allerdings machen auch nach dem Erhitzen noch Beschwerden. Anderes Beispiel: Allergiker, die während der Sommermonate vom Heuschnupfen geplagt werden und vor allem auf Pollen der Gräser und Kräuter reagieren, sind oft von einer gleichzeitigen allergischen Reaktion durch unterschiedliche Gewürze betroffen. Liefert Beifuß das auslösende Pollenallergen, ist Vorsicht auch bei Sellerie, Karotten, Paprika und Knoblauch, aber auch bei Pfeffer, Anis, Curry oder Zimt angesagt.

Die Beschwerden treten fast immer direkt nach dem Essen auf und reichen von juckenden Hautausschlägen, Kribbeln, Brennen und Schwellungen der Zunge, Lippen oder des Rachenraumes über Heiserkeit, Schwindel, Übelkeit, Durchfall bis zu akuter Atemnot, Asthmaanfall oder einem anaphylaktischem Schock.

Maßnahme Karenzdiät

Die Klärung, ob es sich um eine Nahrungsmittelallergie handelt, verlangt Zeit und kompetente Unterstützung eines Allergologen und einer Ernährungsfachkraft. Hilfreich ist das Patiententagebuch, eine exakte Buchführung über alle aufgenommenen Speisen und Getränke über mindestens sieben Tage, um eventuelle Auslöser zu erkennen. „Ob eine echte Nahrungsmittelallergie vorliegt lässt sich durch Haut- oder Bluttests bestimmen. Ist das Allergen identifiziert, hilft meist nur ein konsequentes Weglassen der Allergie-auslösenden Lebensmittel - eine so genannte Allergenkarenzdiät", erklärt Marlies Gruber, wissenschaftliche Leiterin des forum. ernährung heute.

Bei unverarbeiteten Lebensmitteln und eigener Zubereitung ist diese Karenzdiät einfach durchzuführen. Die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung schreibt eine umfassende Allergenkennzeichnung vor, damit ist es für Allergiker relativ leicht, gefährliche Lebensmittel zu identifizieren. Schwieriger wird es beim Essen außer Haus: Hier kann das Vorhandensein von bestimmten Allergenen nicht immer mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Gerade Sellerie, das häufigste Allergen bei Erwachsenen, ist beim Außer-Haus-Konsum in fast allen Suppen und Saucen enthalten.

Höhere Verträglichkeit bei Früchten der Saison

„Gegen die Saison essen, erhöht das allergene Potenzial der Lebensmittel, weil die Luft mit den allergieauslösenden Pollen gesättigt ist und es so zu einer Doppelbelastung für das Immunsystem kommt", erläutert Gruber. Im April und Mai, zur Zeit der stärksten Birkenpollenbelastung, sollten Betroffene auf den Konsum von Äpfeln, Birnen und Steinobst verzichten, um das „Allergen-Fass" nicht zum Überlaufen zu bringen. Dagegen wird bei pollenfreier Luft der Histaminspiegel nicht zusätzlich in die Höhe getrieben und es kommt wesentlich seltener zu kreuzreaktiven Symptomen. Regionale und saisonale Obst- und Gemüsesorten werden daher besser vertragen, weil zur Erntezeit die entsprechenden Pollen nicht in der Luft sind.

Verarbeitetes Obst ist leichter bekömmlich

Die Allergene in Obst und Getreide liegen meist knapp unter der Schale. Wird eine Frucht geschält oder Getreide von den Schalen entfernt, ist bereits ein Großteil der Allergene entfernt und die Chance, dass das Lebensmittel beschwerdefrei gegessen werden kann, steigt. Geriebenes oder längere Zeit im Kühlschrank gelagertes Obst ist auch besser verträglich als frisch geerntetes Obst, weil die Struktur der Proteine (in denen die Allergene enthalten sind) durch die Verarbeitung bzw. Lagerung verändert wird und die allergene Wirkung daher sinkt. Auch durch Erhitzen (z. B. Apfelkompott) werden die Proteine denaturiert, wodurch das Obst beschwerdefrei zu genießen ist.

„Die Verträglichkeit der kreuzreaktiven Lebensmittel kann oft durch die Verarbeitung und den Zeitpunkt des Konsums bedeutend erhöht werden. Auch die Sortenwahl ist ein Kriterium: Viele Birkenpollenallergiker vertragen beispielsweise alte Apfelsorten wie Boskop, Gravensteiner oder Goldparmäne wesentlich besser als Goden Delicious und Granny Smith." (red)