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Neue alte Regierung: Regierungschefin Sigurdardottir bleibt ebenso im Amt wie ihr Parteikollege Össur Skarphedinsson als Außenminister und Grünen-Chef Steingrimur Sigfusson als Finanzminister.

Foto: EPA/KOLBEINS

Reykjavík - Im schwer von der Finanzkrise gebeutelten Island will die neu gewählte Regierung das Parlament über die Aufnahme von Verhandlungen für einen EU-Beitritt entscheiden lassen. In den kommenden Tagen soll dem Parlament eine entsprechende Gesetzesvorlage vorgelegt werden, teilte die aus Sozialdemokraten und Links-Grünen bestehende Regierung mit. Die neue Regierungschefin Jóhanna Sigurdardóttir sagte, dass es eine Mehrheit im Parlament für die Gespräche geben dürfte. "Der Antrag sollte bis spätestens Juli in Brüssel eingehen" , fügte die Ministerpräsidentin hinzu.

Ein möglicher Beitritt zur Europäischen Union war in den Koalitionsverhandlungen zwischen der EU-freundlichen sozialdemokratischen Partei von Sigurdardóttir und den Europa-skeptischen Grünen in den Koalitionsverhandlungen bis zum Schluss umstritten. Im April hatten die linken Parteien infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise erstmals seit der Staatsgründung die absolute Mehrheit erzielt.

Island gehört bereits dem Europäischen Wirtschaftsraum und damit dem Binnenmarkt der EU an. Zahlreiche seiner Gesetze entsprechen damit ohnehin schon den Regelungen innerhalb der EU. Allerdings hatten sich in der Vergangenheit vor allem die isländischen Fischer gegen einen Beitritt gewehrt, weil sie Konkurrenz aus anderen EU-Staaten fürchten.

EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hatte bereits im Januar gesagt, Island könnte zeitgleich mit Kroatien EU-Mitglied werden. Voraussetzung sei, dass Island sich in Kürze bewerbe und die Verhandlungen schnell verliefen. Die Verhandlungen könnten Medienberichten zufolge 2011 abgeschlossen sein. Reykjavík hofft insbesondere im kommenden Halbjahr auf die nordische Schützenhilfe der kommenden schwedischen Präsidentschaft und des finnischen Erweiterungskommissars.

Island mit seinen rund 300.000 Einwohnern ist wie kaum ein anderes Land von der Finanzkrise betroffen. Nur durch die Verstaatlichung von Banken und mit Hilfe ausländischer Darlehen in Milliardenhöhe hat das Land eine Staatspleite verhindert. (Reuters/DER STANDARD, Printausgabe, 12.5.2009)