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Papst Benedikt XVI. ist am Montag zu seinem als historisch eingestuften Besuch in Israel eingetroffen.

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Der Papst am Dienstag an der Klagemauer.

Im Zeichen höflicher Gesten an die beiden anderen monotheistischen Religionen stand gestern der zweite Tag, den das Oberhaupt der katholischen Kirche in Jerusalem verbrachte. Der Großmufti von Jerusalem führte Papst Benedikt XVI. in den Felsendom auf dem Tempelberg, den die Muslime "Haram-a-Scharif" nennen. Unten an der Klagemauer, dem größten Heiligtum der Juden, steckte der Papst dann nach uralter jüdischer Sitte einen Zettel mit einem Gebet zwischen die Steine und verharrte einige Minuten in stummer Andacht.

Israelische Kommentatoren stellten dabei aber die Frage, ob es dem Papst noch gelingen würde, etwas von der "Enttäuschung" auszuräumen, die am Abend zuvor seine Rede im Holocaust-Gedenkinstitut Yad Vashem hinterlassen hatte. Bittere Vorwürfe äußerte etwa der israelische Parlamentspräsident Reuven Rivlin in einem Radiointerview. Der Papst habe nicht um Verzeihung gebeten und "er hat uns das erzählt wie ein Historiker, wie jemand, der von der Seite zusieht" , sagte Rivlin. "Und was kann man tun - er war ein Teil davon."

Die Schriftstellerin Ruth Bondy, eine der Holocaust-Überlebenden, denen der Papst die Hand gereicht hatte, vermisste "ein Wort über den Anteil der katholischen Kirche" an der jahrhundertelangen Judenverfolgung vor Hitler. "Man hätte von den Vatikan-Kardinälen erwarten können, dass sie für ihren Chef einen intelligenteren Text vorbereiten" , schrieb der Historiker Tom Segev in der Zeitung Haaretz. "Keine Kirchenglocke hätte zu läuten aufgehört, wenn der Pontifex etwas über den christlichen Antisemitismus gesagt hätte."

Versöhnlicher Ton

Einen versöhnlichen Ton schlug aber Israels Oberrabbiner Jonah Metzger am Dienstag in der Begegnung des Papstes mit jüdischen Geistlichen an. Metzger hieß Benedikt XVI. als "Oberhaupt der größten Religion der Welt" willkommen und lobte ihn dafür, dass "Sie den Holocaust-leugnenden Bischof daran gehindert haben, in die Kirche zurückzukehren" . Der Papst habe schon in der Vergangenheit erklärt, "dass Antisemitismus eine Sünde nicht nur gegen die Juden, sondern auch gegen Gott ist."

Im Jahr 2000 war Johannes Paul II. zu gebrechlich gewesen, um sich die Schuhe auszuziehen. Deshalb war Benedikt XVI. nun der erste Papst, der den Felsendom betrat, jenen islamischen Sakralbau, der über der Stelle errichtet ist, wo nach dem jüdischen, dem christlichen und dem islamischen Glauben Abraham seinen Sohn Isaak opfern wollte. "Hier kommen die Wege der drei großen monotheistischen Religionen zusammen und erinnern uns an ihre Gemeinsamkeiten" , sagte der Papst.

Am Vorabend war es bei einer interkonfessionellen Konferenz zu einem Eklat gekommen, als der muslimische Scheich Taysir al-Tamimi den Papst durch eine politische Hetzrede gegen Israel überraschte. "Das war ein direkter Widerspruch zu dem, was ein Dialog sein sollte" , hieß es danach in einer Erklärung des Vatikans.

Beinahe erholsam war demgegenüber die erste Begegnung des Papstes mit seinem eigenen Publikum im Lateinischen Patriarchat, wo ihn der Ortsklerus mit Hochrufen feierte. "Die Stimmung da war sehr euphorisch und sehr dankbar" , berichtet Markus Bugnyar, der Leiter des Österreichischen Hospizes in der Altstadt von Jerusalem. "Die lokalen Christen werten den Besuch zusehends als Stärkung und Zeichen der Solidarität."

Die hohen Erwartungen der Juden vor dem Auftritt des Papstes in Yad Vashem sind laut Bugnyar verständlich gewesen, denn man habe ja noch die Irritationen um den Holocaust-Leugner Williamson im Kopf gehabt. Es gehe darum, "dass diese Form des Antisemitismus in der Kirche keinen Platz haben darf, und diese Sorge wurde nicht zur Gänze ausgeräumt." (Ben Segenreich aus Jerusalem/DER STANDARD, Printausgabe, 13.5.2009)

 

 

 

Nach dem Besuch im Felsendom verharrte Benedikt XVI. in stummer Andacht vor der Klagemauer.Foto: Getty Images / Zvulun