Im ländlich-religiösen Amerika ist Mutterschaft eine messbare Lebensdisziplin. Zumindest treten einmal im Jahr junge Frauen aus den ganzen Vereinigten Staaten an, um vor einer anonymen Jury den Titel "Mutter des Jahres" zu erringen. Kein leichter Job, aber immerhin können die herausgeputzten Damen bei Kaffee und Kuchen drei kinderfreie Tage genießen, in denen sie natürlich über nichts als ihre Kinder sprechen. So ist das mit Müttern. Und sie legen sich ins Zeug. Ziehen Lidstriche, toupieren ihre Haare zu Joan-Collins-Gebirgen und fallen in ihren Ansprachen angesichts der Jury beim Wort „Unfruchtbarkeit" schon auch ins Weinen.

Die Arte-Dokumentation Super Mom von Sarah Klein, die laut Sender-Homepage von den modernen Anforderungen des Mutterseins berichten wollte, legte in Wahrheit jenes konservative Familienmodell offen, in dem die Mutter Herd und Kinder hütet, während der Mann das Geld heimbringt.

Die Teilnahmebedingungen für die Mutter-Nationalmeisterschaft sind nämlich recht rigide: Die Frau muss jung sein, Kinder unter zwanzig Jahren haben und mit deren leiblichem Vater verehelicht sein. Hier schon müssen sich Spitzenmütter scharenweise gefoppt fühlen. Ach ja: Gottesergebenheit. Diese wird vorausgesetzt. Wie sie genau gemessen wird? Das weiß die Jurorin eigentlich auch nicht. Und auf die Frage, welche Ausschlusskriterien es in diesem Wettbewerb noch gäbe, winkt eine andere ab. „Was meinen Sie genau? Also eine lesbische Mutter hatten wir noch nie, wenn Sie das meinen."
Die Gewinnerin des Jahres 2008 erhielt die Trophäe dann deshalb, weil sie einst selbstlos ihren tollen Job aufgegeben habe. Mütter, wo kommen wir da hin!  (Margarete Affenzeller, DER STANDARD; Printausgabe, 12.5.2009)