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"Yes we can!": Die starke Online-Kampagne von Barack Obama gilt als Teil seines Wahlerfolgs - jetzt sollen Facebook & Co. auch bei der EU-Wahl die Wähler zur Urne führen.

Foto: APA/Montage: Beigelböck

Seit knapp zwei Wochen "tweetet" auch Hannes Swoboda. Der langjährige SP-Fraktionsführer im EU-Parlament und Spitzenkandidat des "A-Teams" ist einer der jüngsten Neuzugänge auf Twitter, dessen Teilnehmer einander über Posts in SMS-Länge "folgen".

Schön langsam mit Substanz

Swobodas Meldungen zeugen noch von der Suche des Novizen, wie am besten mit Twitters Telegrammstil zu verfahren sei – "Fahre gerade nach Linz nach einem schönen Wahlkampfauftakt gestern", "bin in Linz gut angekommen und wir bereiten uns auf die Aktionen vor". Schön langsam kommt auch Substanz in die Tweets: Reaktionen auf eine Asyldebatte, Links zu längeren Beiträgen. Aber 144 Swoboda-"Followers" (Stand Montag) bringen noch kein Mandat. So ist die Initiative der SPÖ, "Obama auf Österreichisch" in Anspielung auf die starke Online-Präsenz von Barack Obama, auch mehr ein Labor für kommende Wahlen als wahlentscheidend für die anstehende EU-Wahl.

Training vor dem Start

Entwickelt und betreut wird sie vom heimischen Social-Media-Spezialisten Knallgrau, die Online-Kampagnen mit sozialen Medien von Youtube und Facebook bis Twitter für große Kunden wie BMW oder Bild.de durchführt und in der Blogging-Szene für das Gratis-Blog Twoday.net bekannt ist. "Die eigentliche Novität ist nicht die Technologie, sondern dass wir zusammen mit dem Renner-Institut in das Training von 120 Personen investierten, die als Botschafterinnen und Botschafter in sozialen Medien fungieren", beschreibt Knallgrau-Geschäftsführer DieterRappold. Die "120 BotschafterInnnen" fanden sich aus Teilen der SPÖ, und ihre Arbeit zielt mehr auf die Aktivierung der Basis als auf unmittelbaren Stimmengewinn ab.

Motivierender als das x-te Positionspapier

"Wenn Gabriele Schroffenegger" – in Tirol Geschäftsführerin der Frauenorganisation – "als Botschafterin Youtube-Videos auf der Straße macht, ist das motivierender als das x-te Positionspapier." Soziale Medien verlangen ihren Auftraggebern Umdenken ab, sagt Rappold: "Man muss sich vom Broadcasting-Modell verabschieden, bei dem alle Nachrichten genau kontrolliert werden. Auf Facebook oder Twitter entstehen Dialoge, Gespräche, die sich nicht immer unter das Dach einer engen Linie unterordnen." Eine Partei, die sich traditionell mit "Message-Control" eher schwertut, scheint darum eine fast naturgemäße Affinität zu sozialen Medien zu haben: Grüne Politiker und Sympathisanten sind in sozialen Medien besonders rührig. So rührig, dass sich eine Online-Initiative "Grüne Vorwahlen" bildete, die ausschließlich über virtuelle "Mundpropaganda" – oder wie man im Fachjargon sagen würde: virales Marketing – über Netzwerke wie Facebook (472 "Fans") oder Twitter verbreiteten.

Keine trockenen Webseiten mehr

Jetzt verhandeln die Initiatoren der "Grünen Vorwahlen" mit der Wiener Partei über ihre Beteiligung am kommenden Landesparteitag. Auch das EU-Parlament selbst hat nebst traditionellen Webseiten in der Zwischenzeit Netzwerke und Youtube entdeckt. Auf Facebook, Flickr (der Fotosite) und Myspace gibt es eigene Profilseiten, und in erster Linie wolle man "junge Wähler" dadurch motivieren, zur Wahl zu gehen. Immerhin fast 10.000 Personen haben als "Fans" die Facebook-Seite des EU-Parlaments abonniert und erhalten so regelmäßig Updates zur Wahl – auch wenn diese eher traditioneller Pressearbeit entsprechen als einer lebendigen Community, in der es auch Debatten oder Blödeleien gibt, die den sozialen Kitt virtueller Gruppen bilden.

Pannen in sozialen Medien

Dass richtiger Umgang mit sozialen Medien erst gelernt werden muss, zeigen Pannen wie der (öffentliche) Dialog zwischen VP-Spitzenmann Ernst Strasser und dem online sehr umtriebigen Gerhard Loub, der die Webredaktion der ÖVP aufbaut. "Ernst Strasser fragt wieso ich eine bestimmte dame, die mir unbekannt ist, als freundin anklicken soll". Kommentar Loub: "Weil der Begriff ,Freund/in' hier sehr weit gefaßt ist und die entsprechende Vernetzung darstellt, also etwa innerhalb der ÖVP, auch virtuell. Und die Dame wurde heute als neue Grazer Stadträtin vorgestellt."(Helmut Spudich/DER STANDARD, Printausgabe vom 13.5.2009)