Rom - Der italienische Senat hat einen Gesetzesentwurf gebilligt, mit dem der Nuklearenergie in Italien wieder die Tore geöffnet werden. Sechs Monate nach dem Inkrafttreten des Gesetzes kann die Regierung mit der Suche nach Standorten für den Bau von neuen Atomkraftwerken beginnen und private Partner suchen. Die Kernkraftwerke können gemäß dem Gesetzentwurf ohne Einvernehmen der Regionen, Provinzen und Gemeinden gebaut werden.
Der Beschluss des Senats löste heftige Reaktionen aus. Die oppositionelle Demokratische Partei (PD) bezeichnete Italiens Rückkehr zur Atomenergie nach 22 Jahren als "wirtschaftliches Paradox". Die Nuklearenergie sei teuer und eine Gefahr für die Umwelt.
Der Senator der Südtiroler Volkspartei (SVP), Oskar Peterlini, warnte, dass Italien das Problem der Energieabhängigkeit und Versorgungssicherheit nicht durch den Bau von neuen Atomkraftwerken lösen werde, da zur Erzeugung von Atomstrom teures Uran gekauft und importiert werden müsse. Die Kernkraftwerke können gemäß dem Gesetzentwurf ohne Einvernehmen der Regionen, Provinzen und Gemeinden gebaut werden, sodass auch Südtirol sich nicht dagegen wehren könnte. Das sei eine grobe Verletzung der Autonomie der lokalen Körperschaften", sagte der Senator.
"Italien investiert in die Vergangenheit statt in die Zukunft. Die Zukunft gehört der Energieeinsparung, der Energieeffizienz und den erneuerbaren Energiequellen wie es bereits Südtirol sowie andere EU-Länder und jüngst auch die USA vorlegen", so der Südtiroler Senator.
Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hatte im Februar angekündigt, dass das Land in den nächsten Jahren vier Atomkraftwerke errichten wolle. Der Beginn des ersten AKW sei vor 2020 geplant, hatte Berlusconi bei einem Treffen mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy betont, bei dem ein bilaterales Atomenergie-Abkommen unterzeichnet wurde.
Italien ist eines der wenigen Länder, das der Atomkraft abgeschworen hatte. 1987, ein Jahr nach dem Super-GAU von Tschernobyl, stoppten die Italiener in einer Volksabstimmung die Nuklearenergie im eigenen Land. Drei Atomkraftwerke mussten abgeschaltet werden, ein viertes ging nicht mehr ans Netz. Doch seit langem schon drängt die italienische Atomlobby zum Bau neuer Atomkraftwerke. Laut dem italienischen Stromkonzern Enel gewinnt Italien heute 60 Prozent seiner Energie aus Erdgas. Große Stromausfälle wie im September 2003 haben wiederholt die Diskussion um eine Rückkehr zur Kernkraft angeheizt. (APA)