Wien - Der gerichtliche Streit zwischen der Universität Wien und Ruth Braunizer, Tochter von Physik-Nobelpreisträger Erwin Schrödinger (1887-1961), um einen Teil des derzeit in der Zentralbibliothek für Physik der Uni beherbergten Nachlasses ist nach mehreren Jahren nun beigelegt worden. Die Alleinerbin hatte den Anspruch erhoben, die rechtmäßige Besitzerin der Dokumente zu sein. Eine daraufhin von der Uni Wien eingebrachte Feststellungsklage am Landesgericht Innsbruck wurde nun zurückgezogen. Gemeinsam möchte man jetzt eine Lösung, etwa die Gründung einer Stiftung, diskutieren.

"Die Universität Wien hat durch die Rückziehung der Klage ohne Anspruchsverzicht die Bedingungen dafür geschaffen, dass die Angelegenheit vorurteilsfrei diskutiert wird. Die Universität hat gleichzeitig vorgeschlagen, eine Stiftung zu errichten und Frau Braunizer ist bereit, über diesen Vorschlag zu diskutieren", hieß es seitens der Uni Wien. Das Rektorat der Universität Wien sei "froh und erleichtert, dass nun mit der angestrebten Stiftungslösung eine bestmögliche Nutzung und Verwaltung des wissenschaftlichen Nachlasses von Erwin Schrödinger möglich ist und dieses erstrangige Kulturerbe für die Öffentlichkeit und Wissenschaft zugänglich bleibt".

Frage der Eigentumsrechte noch nicht geklärt

Die Rückziehung der Klage sei, so Braunizers Rechtsanwalt Alfred Noll, für seine Mandantin eine Voraussetzungen gewesen, die Gespräche zwischen den zwei Parteien fortzuführen und über eine gemeinsame Lösung zu diskutieren. Noll verwies allerdings auch darauf, dass durch die Rückziehung der Klage "ohne Anspruchsverzicht" die Eigentumsrechte noch nicht geklärt seien. Unverändert beanspruche aber seine Mandantin die Eigentumsrechte für sich.

Der Nachlass-Streit umfasst Dokumente des 1961 verstorbenen und in Alpbach bestatteten Physikers, die sich ursprünglich in einer 108 Kilogramm schweren Kiste befanden. Wichtige Teile des Nachlasses sind nach dem Tod Schrödingers vom Wissenschaftshistoriker Thomas S. Kuhn gesichtet, nach Kopenhagen zur Mikroverfilmung gebracht und anschließend an die Zentralbibliothek für Physik der Universität Wien übersandt worden, wo sie im August 1963 entgegen genommen wurden.

Zähes Ringen

Ruth Braunizer wurde auf ihre Anfrage zu diesem Teil des Nachlasses im Jahr 1985 vom damaligen Institutsvorstand Walter Thirring mitgeteilt, dass kein Material vorhanden sei. Eine erneute Anfrage an den Rektor der Uni 2006 mit der Bitte um die Rückgabe der Materialien veranlasste dann die Uni Wien, Rechtsgutachten einzuholen. Auf dessen Grundlage informierte die Uni Braunizer im Juli 2007, dass ihrer Forderung die Rechtsgrundlage fehle. Später folgte eine von der Hochschule eingebrachte Feststellungsklage.

Mehrere Versuche einer außergerichtlichen Einigung scheiterten zunächst. Im Herbst 2008 gab es schließlich ein Gespräch zwischen beiden Parteien und in Anwesenheit eines Vertreters des Wissenschaftsministeriums, bei dem man erstmals die Gründung einer Stiftung zur Nachlassverwaltung ins Auge fasste. (APA)