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Gordon Brown, ohnehin schon in der Defensive, hat nun auch noch einen Skandal am Hals.

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Eine Reihe von Abgeordneten des Londoner Unterhauses zahlen teils erhebliche Geldbeträge von bis zu 46.700 Euro an die Staatskasse zurück. Sie reagieren damit auf die Enthüllungen über ihre großzügigen Aufwandsentschädigungen, die seit knapp einer Woche das Land beschäftigen. Viele Zahlungen seien "regelkonform" gewesen, sagte Oppositionsführer David Cameron. "Aber sie waren unethisch und falsch." Der konservative Parteichef kündigte an, er werde all jene Abgeordnete, die sich einer Überprüfung und Rückzahlung widersetzten, aus der Partei werfen. Premier Gordon Brown pocht auf eine rasche Lösung der längst diskutierten Diätenreform. "Wir müssen uns des Vertrauens der Öffentlichkeit würdig erweisen."

Das ohnehin geringe Vertrauen wird seit Tagen durch die Details untergraben, die der Daily Telegraph veröffentlicht. Nachdem tagelang Minister und Abgeordnete der Regierungspartei Labour im Mittelpunkt standen, mussten sich zuletzt Oppositions-Abgeordnete für ihre Ausgaben zulasten des Steuerzahlers rechtfertigen. Stets geht es dabei um die steuerfreie Aufwandsentschädigung von bis zu 27.130 Euro, mit der auswärtigen Volksvertretern (Grundgehalt: 72.300 Euro) eine angemessene Unterkunft in London ermöglicht werden soll. In Wirklichkeit benutzte eine Minderheit der 646 Abgeordneten das Geld zum Unterhalt ihres wenig repräsentativen Lebensstils. So ließ der Chef der Tory-Grundsatzkommission eine defekte Wasserleitung unter seinem Tennisplatz reparieren, ein Hinterbänkler reklamierte die Kosten für die Reinigung des Wassergrabens rund um sein Landschloss.

Als Reaktion auf die seit Wochen andauernden Enthüllungen wollen kleine Randparteien die bevorstehenden Kommunal- und Europawahlen in ein Referendum gegen das politische System umfunktionieren. "Bestraft die Abzocker" lautet das Wahlkampf-Motto der neofaschistischen British National Party. BNP-Chef Nick Griffin hofft auf "bis zu sieben Mandate" bei den EU-Wahlen. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, Printausgabe, 14.5.2009)