München/Berlin - Leberkäse und Kartoffelbrei - das war das erste Essen, das Demjanjuk auf deutschem Boden bekam. Die Gefängniskost wird ihm auch weiterhin nicht erspart bleiben. Denn der Amtsarzt hat dem 89-Jährigen, dem Beihilfe zum Mord an 29.000 Juden im ehemaligen KZ-Lager Sobibor (Polen, 1943) vorgeworfen wird, Haftfähigkeit bescheinigt. "Er hat die Nacht gut überstanden und ist nach Meinung des Arztes weiter haftfähig", erklärt der Münchner Oberstaatsanwalt Anton Winkler.

Offen ist aber, ob Demjanjuk auch verhandlungsfähig ist. Die entsprechenden medizinischen Untersuchungen dauern an. Seine Verteidiger meinen, dies sei nicht der Fall, weil er wegen eines Nieren- und Rückenleidens permanent Medikamente nehmen müsse.

Sobald es von den Ärzten grünes Licht gibt, will die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Sie stützt sich dabei auf Material, das Nazijäger Kurt Schrimm in seiner Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg zusammengetragen hat. Das wichtigste Beweisstück ist dabei ein Ausweis, gemäß dem Demjanjuk von März bis September 1943 KZ-Wächter im Lager Sobibor war. In dieser Zeit wurden dort 29.000 Juden getötet.

Als wichtigster Zeuge soll Thomas Blatt aussagen. Der heute 82-Jährige konnte als 15-Jähriger aus dem Lager fliehen. Er sagt, die ukrainischen Wächter seien die brutalsten gewesen: "Sie waren diejenigen, die die nackten Menschen mit aufgepflanzten Bajonetten in die Gaskammern trieben."

Demjanjuks Anwalt Ulrich Busch erklärt, sein Mandant bestreite, in Sobibor gewesen zu sein. Falls dies doch der Fall war, dürfe man ihn wegen Befehlsnotstandes nicht anklagen. Denn der gebürtige Ukrainer sei dann vor der Wahl gestanden, mitzumachen oder getötet zu werden. Laut der polnischen Zeitung Gazeta Wyborcza hat Demjanjuk in Sobibor eine 16-jährige Polin vergewaltigt und mit ihr einen Sohn gezeugt. Durch Genabgleich mit Nachkommen des bereits Verstorbenen könne man möglicherweise Demjanjuks Zugehörigkeit zum Lager nachweisen.

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, fordert ein hartes Urteil: "Es geht um eine gerechte Strafe für einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher, der kein Mitleid hatte mit seinen Opfern." (bau, DER STANDARD, Printausgabe, 14.5.2009)