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Foto: REUTERS/Ian Waldie
Brüssel - EU-Konventspräsident Valery Giscard d'Estaing will der EU viel mehr Einfluss im Justizbereich zugestehen. Dafür will er bei der Finanzierung der Union kaum Änderungen vorschlagen. Der Euratom-Vertrag, der die Produktion von Atomenergie betrifft, soll nur halbherzig in die künftige EU-Verfassung eingebunden werden, geht aus den neuen Textvorschlägen für die künftige EU-Verfassung hervor, die Giscard vorgelegt hat. Die Texte werden nun im Konvent beraten. Planmäßig soll Ende Juni ein Entwurf für die neue EU-Verfassung vorliegen, der anschließend noch von den Staats- und Regierungschefs der EU-Länder beraten wird. Immigration, Asyl oder Strafrecht

Der Vorschlag des Präsidiums im Konvent sieht vor, dass in so heiklen Fragen wie Immigration, Asyl oder Strafrecht die EU gemeinsame Entscheidungen treffen kann, wobei das EU-Parlament ein Mitentscheidungsrecht hätte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) dürfte in diesen Feldern Recht sprechen. Auch sollen die Grundlagen für einen europäischen Staatsanwalt geschaffen werden. Für SPÖ-Europaabgeordnete Maria Berger ein unerwartet "mutiger" Vorschlag, der das EU-Parlament "außerordentlich aufwerten" werde.

Auch der SPÖ-Abgeordnete Caspar Einem begrüßt diese Ansätze. Laut Vorschlag würden Gerichtsurteile EU-weit anerkannt: "Was im Güterverkehr selbstverständlich ist, gilt dann auch für Urteile", vergleicht Einem. Für den ÖVP-Europaabgeordneten Reinhard Rack gehen die Vorschläge "in die richtige Richtung". Er kritisiert allerdings, dass den Mitgliedsländern das Recht eingeräumt wird, neue Gesetze vorzuschlagen. Bisher darf dies nur die EU-Kommission. Euratom-Vertrag

Der Vorschlag sieht vor, dass der Euratom-Vertrag zwar eigenständig bleibt, dass er aber über ein Protokoll mit der EU-Verfassung verbunden wird. Zugleich soll das Budget der Mitentscheidung des EU-Parlaments unterworfen werden. Die beiden SPÖ-Abgeordneten könnten dies akzeptieren, weil so der Euratom-Vertrag nicht einer allfälligen Volksabstimmung in einzelnen EU-Staaten über die neue Verfassung unterworfen wäre. Rack kritisiert hingegen heftig, dass noch keine EU-einheitlicher Sicherheitsstandard für Atomenergie festgeschrieben werde. Dies sei ein Text "im Geist der 50-er Jahre", der mehr die Wünsche der Atombefürworter als der Gegner berücksichtige. Das aber entspreche nicht der aktuellen Realität in der EU. (APA)