Wien - Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) ortet Konzeptlosigkeit in der österreichischen Forschungspolitik. Als Beispiel nannten Ratsmitglieder den geplanten Austritt Österreichs aus dem Europäischen Kernforschungszentrums CERN. Ein solcher könne selbstverständlich überlegt werden, dennoch ist der Rat gegen derartige Einzelaktionen. Es brauche "nach einer fundierten Diskussion" mittel- bis langfristige Konzepte, so RFT-Chef Knut Consemüller am Donnerstag bei der Präsentation des vom Rat entwickelten Entwurfs einer neuen Forschungsstrategie für Österreich.

Ein Austritt aus CERN könne eine politische Entscheidung sein, allerdings nur nach Gesprächen u.a. mit der Forschung, Industrie und den Räten, auch dem Wissenschaftsrat. "Hier gefällt mir der Stil nicht", meinte RFT-Vizepräsident Günther Bonn. Auch wenn die Budgetzahlen für Forschung und Entwicklung (F&E) zunächst gut ausschauen würden: Ohne eine Vision käme das Geld nicht richtig zum Einsatz, Konzepte müssten gemeinsam diskutiert werden.

Zahlen zeigen Abwärtstrend

Consemüller verwies auf die "dramatische Situation" im Zusammenhang mit den zu erwartenden Rückgängen bei den F&E-Ausgaben durch die Unternehmen. Auch wenn für den Forschungsrat das Drei-Prozent-Ziel bei der Forschungsquote aufgrund der konjunkturellen Entwicklung eher untergeordnet ist und im Vordergrund stehen muss, Österreich unter die besten drei EU-Staaten bei Forschung und Innovation zu bringen: Die Prognosen des Rats für die Forschungsquote bis 2013 zeigen einen Abwärtstrend.

Berechnungen zur Forschungsquote

Für das Jahr 2009 prognostizierte die Statistik Austria eine Forschungsquote von 2,73 Prozent, es werden F&E-Ausgaben von 7,652 Mrd. Euro erwartet. Die Aussagen des Finanzministers, dass es in der laufenden Legislaturperiode rund 40 Prozent mehr an Bundesmitteln geben werde als in der vorhergehenden, nahm der Rat als Grundlage für die eigene Berechnung zur Entwicklung der Forschungsausgaben und der F&E-Quote in den Folgejahren.

Bei gleichbleibenden Unternehmensausgaben könnte die Forschungsquote bis 2013 im besten Fall auf 2,6 Prozent des BIP absinken. Allerdings erwartet die Industriellenvereinigung (IV) laut Rat bei ihren Mitgliedsunternehmen für 2009 einen Umsatzrückgang von 30 Prozent und ein Schrumpfen des F&E-Aufwands um sechs Prozent. Damit könnte die F&E-Quote dem Rat zufolge im schlimmsten Fall auf 2,42 Prozent absinken.

Erhöhung der Forschungsprämie gefordert

Wenn die Wirtschaft in diesem Umfang die F&E-Investitionen zurückfahre, dann würden die "üppigen Zahlen" von 2,5 und 2,7 Mrd. Euro, die der Bund 2009 bzw. 2010 für quotenrelevante F&E-Ausgaben tätigen will (inkl. Nationalstiftung und Forschungsprämie), "unters Brennglas" kommen, so Consemüller. Es bestehe die Gefahr, dass über ausbleibende Forschungskooperationen am Ende des Jahres "dreistellige Millionenbeträge" nicht abgerufen würden. Als eine Gegenmaßnahme forderte der Rat, etwa die Forschungsprämie kurzfristig von acht auf zwölf Prozent zu erhöhen.

Österreich stecke überdurchschnittlich viele Ressourcen in Forschung, Technologie und Innovation - und generiere damit im Vergleich nur einen unterdurchschnittlichen Output. Diese Schieflage im heimischen Innovationssystem müsse man korrigieren, so der Rat. Als Leitprinzipien seiner Strategie 2020 für Forschung, Technologie und Innovation (FTI) forderte der Rat u.a., Geld mehr im Wettbewerb zu vergeben sowie die Flexibilisierung von Strukturen, um effizient reagieren zu können. Insgesamt acht Elemente wurden auf Basis von Studien und Analysen als wesentliche Bestandteile der Strategie entwickelt.

Der Entwurf der Forschungsstrategie steht bis 7. Juni im Internet zur Diskussion. Die endgültige "Strategie 2020" soll am 28. August im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche präsentiert werden. (APA)