Madrid - Die konservative Opposition in Spanien klagt vor dem Verfassungsgericht gegen die geplante Lockerung des Abtreibungsrechts. Dies kündigte der Präsident der Volkspartei (PP), Mariano Rajoy, am Freitag in der südspanischen Stadt Cordoba an. Das Leben sei das höchste Gut und müsse daher geschützt werden, sagte der Oppositionsführer.

Die sozialistische Regierung von Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero hatte am Vortag einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die bisher geltende Indikationslösung durch eine Fristenregelung ersetzen soll. Das Vorhaben sieht vor, dass Schwangerschaftsabbrüche künftig bis zur 14. Woche generell und in Sonderfällen bis zur 22. Woche straffrei bleiben sollen. Das neue Gesetz muss noch vom Parlament verabschiedet werden.

Rajoy nahm vor allem Anstoß daran, dass nach der Neuregelung Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren ohne Zustimmung der Eltern über eine Abtreibung entscheiden können. "16-Jährige dürfen keinen Tabak und keinen Alkohol kaufen, und für die Teilnahme an einem Schulausflug benötigen sie die Zustimmung der Eltern", betonte der PP-Parteichef.

Bei Missbildung des Fötus oder bei Gefährdung der physischen oder psychischen Gesundheit der Mutter sind Abtreibungen in Spanien laut der neuen Gesetzgebung bis zur 22. Schwangerschaftswoche erlaubt.

Ärztekommission

Zu einem späteren Zeitpunkt der Schwangerschaft muss eine Ärztekommission darüber entscheiden, ob eine Abtreibung vorgenommen wird. Frauen, die illegal abtreiben, droht zudem keine Gefängnisstrafe von sechs Monaten mehr, sondern nur noch eine Geldstrafe.

Bisher sind Abtreibungen in Spanien verboten. Das seit 1985 geltende Abtreibungsgesetz gestattet nur drei Ausnahmefälle. So können Abtreibungen bis zur 12 Woche nach einer Vergewaltigung vorgenommen werden, in den ersten 22 Wochen bei Missbildung des Fötus sowie ohne zeitliche Begrenzung bei Gefährdung der physischen oder psychischen Gesundheit der werdenden Mutter. In den vergangenen zehn Jahren nahm die Zahl der Abtreibungen in Spanien nach Presseberichten um 73 Prozent zu.

Abbruch in öffentlichen Spitälern

Bei jungen Frauen zwischen 20 und 29 Jahren wurde sogar eine Verdoppelung der Schwangerschaftsabbrüche registriert. Im vergangenen Jahr wurden in Spanien 112.000 Abtreibungen vorgenommen. Während in Spanien mit 97 Prozent die Mehrzahl aller Abtreibungen in privaten Abtreibungskliniken und unter legal nicht immer eindeutigen Umständen vorgenommen wurde, sollen Schwangerschaftsabbrüche ab sofort vermehrt und kostenlos in den öffentlichen Krankenhäusern und Gesundheitszentren realisiert werden.

Die katholische Kirche protestiert bereits seit Anfang des Jahres gegen die Liberalisierung der spanischen Abtreibungsgesetze. Die spanische Bischofskonferenz startete vor einigen Monaten unter dem Motto "Schütze mein Leben" sogar eine landesweite Protestkampagne mit Straßenplakaten und acht Millionen Broschüren. Die Kritik an der Lockerung der Abtreibungsgesetze stand zudem monatelang im Mittelpunkt der Gottesdienste. (APA)