Gerard Ter Borchs Bildnis des Malers Jan van Goyen (1652) hat einen neuen, das Bild aufwertenden Rahmen bekommen: Der aufwändig gestaltete, holländische Kabinettrahmen (Mitte 17. Jh.) ist ein Neuzugang im Schatzkästlein des Fürsten.

Foto: Sammlung Liechtenstein

Weiters zeigt sich: Rahmen ohne Bild - geht auch nicht.


Wien - "Nackt, auf sich gestellt, an möglichst weißen Wänden": Johann Kräftner erinnert sich noch voller Grauen an Diskussionen und Ideen, die Werke der Alten Meister rahmenlos, "ohne den historischen Ballast" zu präsentieren, um mit dieser Form der "Demokratisierung" den Besuchern die Schwellenängste vor der Kunst zu nehmen. In den Augen des Direktors des Liechtenstein Museums war diese Revolution "grob fahrlässig": aus ihren historischen Kontexten gerissene Altarbilder, Tafelbilder ungesichert einer schlichten Staffelei zu überlassen.

Der Rahmen eines Bildes ist eben nicht nur sein Schmuck, sondern oft auch sein Schutz und Rückgrat: Diesem zu Ehren hat man im Liechtenstein Museum die Ausstellung Halt und Zierde konzipiert. Mit weit mehr als 100 Objekten zeigt man einen spannend aufbereiteten Querschnitt durch Geschichte, Typologie und auch Technik vom Mittelalter bis ins späte 19. Jahrhundert.

Den Ursprung für den vorübergehenden Trend, den Rahmen zu verbannen, sieht Kräftner im Beginn der Moderne, als mit der Lossagung vom Ornament auch neue Ideen für Rahmung und Präsentation gefunden wurden. Ein Purismus, der Jahrzehnte später tausende Rahmen in die Depots oder auf den Markt beförderte und vor allem in Italien unter dem Architekten Carlo Scarpa in den 1950er- und 1960er-Jahren um sich griff: Neuaufstellungen im Museo Correr in Venedig und in einem Teil der Uffizien in Florenz zeug(t)en davon.

Berühmte künstlerische Zeitgenossen wie Henri Matisse und Pablo Picasso hätten damals nicht im Traum daran gedacht, ihre Werke ohne Rahmen zu präsentieren. Im Gegenteil. Sie suchten Spannung gar durch prunkvolle Renaissance- und Barockrahmen zu steigern.

Aber mit dem rahmenlosen Spuk sollte bald schon Schluss sein. Man sagte nicht nur wieder "Ja" zum Rahmen, sondern versuchte insbesondere authentische Rahmen zu finden, die zum zeitlichen und geografischen Entstehungszusammenhang der Kunstwerke passten. So können edle Werke durchaus lange im Depot versauern, bis ihnen der entsprechende Rahmen zur wahren Größe verhilft: So geschehen mit dem Bildnis van Goyens, ein Werk des Niederländers Gerard ter Borch, das sich seit Johann II. in der Sammlung des Fürstenhauses befindet. Für dieses fand sich nun ein wundervoller, reich mit Wellen-, Flamm- und Flechtkorbleisten verzierter Kassettenrahmen, dessen Typus um 1500 in Italien entstand.

Daneben umrahmt ein weiterer niederländischer Hingucker geometrischen Stils ein extravagantes Stillleben von Jan Davidz. de Heem: Das zentrale venezianische Deckelglas steht auf nichts Geringerem als einer Vogelkralle. Auch dieses Stück, gemeinsam mit anderen 2008 aus der Northbrook-Sammlung nach Wien gekommen, wird erstmals präsentiert und lässt die Pläne für eine Holländer-Ausstellung weiter gedeihen.

Spielwiese für das Handwerk

Angefangen hat die Rahmenhistorie jedoch viel früher mit den "integrierten Rahmen", die ein Bestandteil der kleinen Holztafelbilder des 14. und 15. Jahrhunderts waren und sich malerisch, durch zarte Reliefierungen oder aufwändige Schnitzkunst vom Motiv abgrenzten. Mit Begeisterung betrachtet man das mit Goldpunzierungen versehene kleine Madonnenbild (um 1470), Marco Basaitis von gemalter Scheinarchitektur eingefasste "Berufung des Zebedäus" (beide aus dem KHM) und Vittorio Crivellis mit den Kirschen spielendes Jesuskind im venezianischen Tabernakelrahmen. Nur einige Beispiele unter vielen, die jedoch alle erkennen lassen, wie sehr der Rahmen dem Handwerk eine Spielwiese zum Austoben bot.

Eine monströse Rarität ist der vergoldete Trophäorahmen aus dem 17. Jahrhundert, der gut ins Gruselschloss eines Riesen passen würde. Der ursprüngliche, mit großen Sprüngen durchzogene Spiegel, aus denen wenige Pinselstriche Zweige mit Vögelchen zauberten, macht ihn so besonders.

Freilich zeigt die Schau auch bilderlose Rahmen, beschert damit jedoch die Erkenntnis: Trotz schönster Handwerksarbeit fehlt ihnen die Seele. Der erste Blick gilt immer dem Bild. Dem Rahmen bleibt das Schicksal des ewigen Zweiten. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.5.2009)