Washington/New York/Paris/Brüssel - Die Anklage gegen Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi durch die burmesische Militärdiktatur hat weltweit Empörung ausgelöst. Die US-Regierung und europäische Regierungen forderten die sofortige Freilassung der Symbolfigur der burmesischen Demokratiebewegung, UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon zeigte sich "zutiefst beunruhigt". Frankreich fordert von der Südostasiatischen Staatengemeinschaft (ASEAN) Druckausübung auf die Militärmachthaber. Am Montag muss sich Suu Kyi erneut vor Gericht verantworten. Ihr wird vorgeworfen, gegen Bestimmungen ihres Hausarrests verstoßen zu haben. Anlass ist ein Vorfall mit einem US-Bürger, der sich in ihrem Haus in Rangun aufgehalten haben soll.

Wie Suu Kyis Anwalt dem Exil-Magazin "Irrawaddy" sagte, bleibt die Vorsitzender der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) auch im Gefängnis hoffnungsvoll und glaubt fest an einen Freispruch. Die 63-Jährige habe die jüngsten Ereignisse gut verkraftet. "Sie ist psychisch stark", berichtete die Zeitschrift, die in Chiang Mai in Thailand herausgegeben wird, nach einem Gespräch mit dem Juristen Kyi Win am Freitag. "Eigentlich hätte ich sie aufmuntern sollen, stattdessen hat sie mich ermuntert, stark zu sein", sagte der Advokat. Suu Kyi wird nach Angaben des Anwalts in einem "Gästehaus" des berüchtigten Insein-Gefängnisses festgehalten. Es ist wegen der katastrophalen Gesundheitsversorgung als "Aids-Fabrik Burmas" verschrien.

Frankreich fordert von den ASEAN-Regierungen Druckausübung auf die burmesische Militärjunta, um die Freilassung Suu Kyis zu erreichen. Einen entsprechenden Appell habe sie auch an China und Japan gerichtet, erklärte die französische Menschenrechtsstaatssekretärin Rama Yade am Freitag im Radiosender "Europe 1". Sollte Suu Kyi im Kerker zugrunde gehen, würde sie "zum Schlechten Gewissen der Welt" werden. Ende Mai findet in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi ein europäisch-asiatisches Ministertreffen statt. Burma war 1997 als zehntes Mitglied in die ASEAN aufgenommen worden. Die anderen Mitglieder sind Thailand, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur, Brunei, Vietnam, Laos und Kambodscha. Der Konflikt um die Gestaltung der Beziehungen zu der burmesischen Diktatur belastet seit Jahren das Verhältnis der ASEAN zu den USA und zur Europäischen Union.

Thailands Regierungschef Abhisit Vejjajiva äußerte sich besorgt über den Gesundheitszustand Suu Kyis. Außenminister Kasit Piromya sagte, sein Land sei "sehr, sehr besorgt", dass Burma die Festsetzung der Politikerin verlängern könnte. Thailand hat derzeit den ASEAN-Vorsitz inne. Auch Indonesien und Singapur forderten die Freilassung der Friedensnobelpreisträgerin. Der japanische Außenminister Hirofumi Nakasone äußerte sich laut Medienberichten "tief besorgt" über die neuen Vorwürfe gegen Suu Kyi. China gilt als enger Verbündeter der burmesischen Junta und hat als Vetomacht im Weltsicherheitsrat eine Verurteilung der schweren Menschenrechtsverstöße immer wieder verhindert. Peking unterhält enge Wirtschaftsbeziehungen zu seinem rohstoffreichen Nachbarn.

Die Nationale Liga für Demokratie unter Suu Kyis Führung hatte die Wahlen zu einer Verfassunggebenden Nationalversammlung 1990 mit Vierfünftelmehrheit gewonnen, doch hatte das Militär die Wahl annulliert und die Machtübergabe verweigert. Die neue Verfassung Burmas, das nach dem Willen der Machthaber auch in Fremdsprachen "Myanmar" genannt werden muss, zementiert die Vorrangstellung der Armee. 2007 hatten buddhistische Mönche friedliche Massenproteste angeführt, die das Regime blutig niederschlagen ließ. Zeitweise hatten in mehreren Städten täglich mehr als 150.000 Menschen gegen die Diktatur demonstriert, der schwerste Menschenrechtsverstöße zur Last gelegt werden, insbesondere Zwangsarbeit, Folter, brutale Verfolgung von ethnischen Minderheiten und Missbrauch von Kindersoldaten.

Die Motive des mysteriösen Suu-Kyi-Besuchers, des 53-jährigen US-Bürgers John Yettaw, sind weiter unklar. Die US-Botschaft hat den inhaftierten Mann kurz gesehen, aber nach eigenen Angaben keine Details in Erfahrung gebracht. Nach Angaben der burmesischen Behörden wurde er vergangene Woche im Inya-See hinter Suu Kyis Haus festgenommen. Er habe zugegeben, drei Tage im Haus der Politikerin verbracht zu haben. Suu Kyi soll den Mann im Verhör als Eindringling beschrieben haben. (APA/dpa/AFP/AP/Reuters)