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Empathie hat viel mit Hirn-zu-Hirn-Kommunikation zu tun

Foto: APA/Brigham & Women's Hospital Boston - Surgical Planning Laboratory

Der Versuch den anderen zu verstehen ist die Grundlage der Empathie. Das menschliche "Bauchgefühl", das manche dafür haben und andere nicht, liegt aber eigentlich im Gehirn - genauer im insulären Kortex mit seinen Netzwerken. Neuronale Prozesse sind dafür verantwortlich ob die Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter oder Supervisor und Klient klappt oder nicht. Der Blickkontakt spielt dabei die entscheidende Rolle - nicht umsonst ist Augenkontakt auch ein Machtinstrument. Denn mit dem Blick wird der Kontakt überhaupt hergestellt.

Empathie erzeugt Reaktionen

"Der Supervisor versucht den anderen zu verstehen, das ist positiv. Dabei können aber auch negative Gefühle aufkommen, zum Beispiel aus persönlichen Gründen", erklärt Claus Lamm, Neurowissenschafter und Psychologe am Labor für Soziale und Neurale Systemforschung der Universität Zürich. Disstress sorgt dafür, dass die Interaktion dann nicht funktioniert. Ein Beispiel aus dem Gesundheitswesen: Eine Krankenschwester muss eine alte Frau pflegen, hat aber selbst eine pflegebedürftige Mutter zuhause - sie reagiert mit Aversion auf die Patientin.

"Diese Gefühle sind ganz normal, wenn man weiß warum sie auftreten, kann man sie auch wegtrainieren oder verbessern, nämlich durch Selbstbeobachtung und Training", so Lamm, denn die emotionalen Reaktionen auf andere Personen sind nicht festgeschrieben sondern können erlernt werden.

Blickkontakt als Signal

"Entscheidend ist, dass der erste Augenblick schon signalisiert, ob die Chemie passt oder nicht, weiß Siegfried Tatschl, Supervisor und Coach am Institut für Supervision und Organisationsentwicklung (ÖVS). Überhaupt geschieht die Kommunikation von Hirn zu Hirn mehr nonverbal als verbal. Nach dem Moment der ersten Begegnung folgen die Gesten.

Der erwähnten Krankenschwester seien die empfundenen negativen Gefühle genauso peinlich, wie einem Manager, der Schwierigkeiten mit einem Mitarbeiter hat, so Tatschl. "Das Wissen aus der Forschung, dass die unangenehmen Gefühle einen biologischen Grund haben, hilft bei der Beseitigung und man wird wieder arbeitsfähig." Der Disstress liefert aber auch wichtige Informationen darüber, was in unserem Gegenüber passiert, denn Forscher nehmen an, dass die negativen Gefühle auch in ihm stattfinden. Und das wiederum ist bedeutend für das Management, für das Führen von Mitarbeitern, denn die Grundkompetenz, die dafür von Nöten ist, ist eben die Empathie. Das Wissen um die Vorgänge im Gehirn trägt auch zur Entängstigung der eigenen Emotionen bei.

Gehirn trainieren

"Das Hirn kann man wie einen Muskel trainieren", ist auch Organisationsberater, Supervisor und Coach Wolfgang Knopf, Vorsitzender der ÖVS, überzeugt - wichtig für Berufsgruppen, die mit viel menschlichem Kontakt arbeiten. Hier kommen Techniken zur Emotionsregulation zum Einsatz, damit körperlichen Reaktionen wie erhöhte Hormonproduktion und stärkerer Herzschlag wieder abflauen. Schon das Wissen "jetzt bin ich gestresst" senke laut Lamm die Herzschlagrate. Die überbordende emotionale Rektion wird abgebaut. Nicht umsonst zählten schon die Alten Griechen bis zehn, wenn sie sich in einer Stresssituation befanden. (Marietta Türk, derStandard.at, 18.5.2009)