Hamburg - IAEO-Chef ElBaradei sprach sich in dem "Spiegel"-Gespräch dafür aus, dass Israel seine Atomwaffen deklariert. "Wir müssen aufhören, im Nahen Osten unterschiedliche Maßstäbe anzulegen", sagte er. "Es ist diese Doppelzüngigkeit, die in der arabischen Welt immer angeprangert wird." Langfristig müsse der Nahe Osten zur nuklearfreien Zone werden. Israel besitzt nach Einschätzung des mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten früheren US-Präsidenten Jimmy Carter 150 Atomwaffen. Israel ist als einziges Land der Region nicht dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten. Die israelische Regierung hält ihre sogenannte Politik der "atomaren Zweideutigkeit" für "unverzichtbar".

Das Risiko eines Einsatzes von Atomwaffen ist nach den Worten des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde deutlich gestiegen. "Ich sehe die größte Bedrohung für die Welt darin, dass Terroristen an Atomwaffen herankommen", sagte ElBaradei. Ihn beunruhige die Entwicklung in Pakistans sehr, wo die Taliban auf dem Vormarsch seien und die Islamisten erstmals an Atomwaffen gelangen könnten. Er sehe auch keine Hinweise darauf, dass die Extremistenorganisation Al-Kaida ihre Ambitionen auf eine sogenannte schmutzige Bombe oder sogar eine Atomwaffe aufgegeben habe. "Wir hatten allein im vergangenen Jahr 200 Fälle von verbotenem Handel mit nuklearen und radioaktiven Substanzen", sagte ElBaradei.

Große Hoffnungen verbindet ElBaradei mit dem neuen US-Präsidenten Barack Obama. Er finde es ermutigend, dass Obama sich so klar zum Ziel der Abschaffung aller Atomwaffen bekannt habe. Vor allem die frühere US-Regierung habe "in einer Mischung aus Ignoranz und Arroganz zahllose diplomatische Gelegenheiten zu einem Dialog mit Teheran ausgelassen". "Die Amerikaner dachten, sie könnten mit einem dicken Knüppel Teheran drohen und zum Einlenken zwingen. Aber die Arroganz, mit einem Land wie dem Iran umzuspringen wie mit einem Esel, führte zu Verhärtungen", sagte ElBaradei. Die Iraner wollten auf Augenhöhe behandelt werden und hätten Sicherheitsgarantien für ihr Land gefordert. (APA/dpa )