Salzburg - Die Polizei musste einen Schlepperskandal auf Weisung des Innenministeriums vor der Nationalratswahl vertuschen, berichten die "Salzburger Nachrichten" ("SN") in ihrer Ausgabe am Samstag. Laut Polizei habe die international agierende Bande Hunderte, möglicherweise sogar Tausende Türken illegal nach Österreich geschleust. Ein türkischstämmiges Ehepaar aus Thalgau (Flachgau) soll ebenfalls eine zentrale Rolle gespielt haben, so die "SN". Pro Schleppung wurden 5.000 Euro kassiert.

Vor einem Jahr, exakt am 29. Mai 2008, sei dem Landeskriminalamt (LKA) Salzburg ein spektakulärer Erfolg gelungen. In der Nähe eines Autobahnparkplatzes an der A1 (Westautobahn) in Amstetten wurde ein illegaler Menschentransport gestoppt. 14 illegal eingereiste Türken sollten von einem rumänischen Lkw auf vier Pkw zur Weiterfahrt umgeladen werden. Die Polizei griff unter Federführung des LKA Salzburg zu, so die "SN". Zehn Dienststellen aus Salzburg, Oberösterreich und Niederösterreich waren an der Aktion beteiligt. Sieben Schlepper wurden verhaftet, darunter auch das Ehepaar aus Thalgau.

In Zusammenarbeit mit dem LKA Niederösterreich wurden weitere 24 Mitglieder der Schlepperbande angezeigt. Dank grenzüberschreitender Zusammenarbeit wurde am 3. Juli 2008 ein Lkw-Fahrer aus der Türkei festgenommen - und zwar an der rumänisch-ungarischen Grenze. Im Laderaum seines Fahrzeugs waren 22 türkische Staatsbürger versteckt., hieß es in den "SN" weiters. In der Türkei wurden im August 2008 zwei Bedienstete der rumänischen Botschaft in Ankara festgenommen. Sie hatten durch den florierenden Handel mit Visa dazu beigetragen, dass Hunderte, möglicherweise Tausende Türken über Rumänien und Ungarn illegal nach Österreich bzw. nach Salzburg gebracht wurden.

"Bekanntgegeben wurde dieser beeindruckende Erfolg der Salzburger Polizei nicht. Zunächst war durch das Bundeskriminalamt für September 2008 eine Presseinformation vorgesehen. Das Innenministerium stoppte dieses Vorhaben allerdings mit dem dezenten Hinweis auf die bevorstehenden Nationalratswahl. Die Polizei wurde von der Politik offenbar zur Vertuschung des Skandals gezwungen", hieß es in den "SN".

"Behauptung ist völliger Schwachsinn"

Es habe dezidiert nie eine Weisung gegeben, die Behauptung "ist völliger Schwachsinn", stellte der Leiter der zentralen Schlepperbekämpfung des Bundeskriminalamtes (BKA) und Pressesprecher, Oberst Gerald Tatzgern, zur APA fest. "Es hatte mit Wahlkampf überhaupt nichts zu tun", unterstrich Tatzgern.

Man habe in dieser Zeit mit den deutschen Behörden zusammengearbeitet und habe auf eine grenzüberschreitende Abstimmung gewartet. Warum dann der richtige Zeitpunkt für eine Veröffentlichung nie gekommen sei, das wisse er nicht mehr, so der Leiter der Schlepperbekämpfung im BKA. (APA)