In der Bespitzelungsaffäre der Deutschen Telekom sollen der frühere Aufsichtsratsvorsitzende, Klaus Zumwinkel, und der frühere Vorstandschef Kai-Uwe Ricke bereits im Herbst 2005 und damit früher als bisher bekannt von den illegalen Datenabgleichen gewusst haben. Das berichtete "Der Spiegel" am Wochenende vorab unter Berufung auf eine Zeugenaussage. Die zuständige Staatsanwaltschaft Bonn war am Samstag nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen.

"Kollegenhilfe"

Angaben des Blattes, wonach die Lufthansa bereits 2000 in einer Art "Kollegenhilfe" Verbindungsdaten erhalten habe, wies ein Unternehmenssprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP zurück. "Niemals wurden irgendwelche Telefonverbindungen abgefragt", erklärte Lufthansa-Sprecher Jan Bärwalde. 2000 habe es Indiskretionen aus dem Aufsichtsrat gegeben. Zur Aufklärung der Quelle seien "in geringem Umfang Flugdaten überprüft worden". Im Zuge dieser Ermittlungen habe ein Mitglied des Aufsichtsrats freiwillig seinen Posten verlassen.

Zeugenaussagen

Das Blatt berief sich in seinem Bericht auf Zeugenaussagen des Düsseldorfer Rechtsanwalts Michael Hoffmann-Becking, der die Deutsche Telekom 2005 juristisch beraten habe. Damals hätten Zumwinkel und Ricke das Aufsichtsratsmitglied Wilhelm Wegner überführen wollen, der ihrer Ansicht nach die Presse mit Informationen aus dem Aufsichtsrat versorgt habe. In mehreren Gesprächen habe Hoffmann-Becking mit Zumwinkel und Ricke darüber gesprochen, dass in diesem Zusammenhang auch Verbindungsdaten verwendet worden seien. Dabei sei möglicherweise ein Kontakt zwischen einem Journalisten und dem Telekom-Konzernbetriebsrat nachgewiesen worden.

Weder Zumwinkel noch Ricke, heiße es in der Vernehmung des Anwalts, hätten irgendein Unrechtsbewusstsein über die Erhebung der Telefonverbindungsdaten gezeigt. Im Gegenteil: Es sei sogar erwogen worden, den Konzernbetriebsrat mit den gespeicherten Nummern unter Druck zu setzen.

Nicht das erste Mal

Bei den im Jahr 2005 erhobenen Verbindungsdaten handelte es sich laut "Spiegel" offenbar auch nicht um den ersten Fall. So habe der ehemalige Leiter der Spezialabteilung KS 3 laut dem Blatt vorliegenden Vernehmungen mitgeteilt, dass die Telekom bereits in einem ähnlichen Fall bei der Lufthansa AG im Jahr 2000 behilflich gewesen sei. Damals habe das Unternehmen im Rahmen einer "Kollegenhilfe" Verbindungsdaten geliefert. Auch bei der Lufthansa sei es um den Verdacht gegangen, dass ein Aufsichtsratsmitglied Interna aus Sitzungen an einen Journalisten der "Financial Times Deutschland" (FTD) weitergegeben habe. Die Lufthansa beteuert, den Fall anhand eigener Flugdaten gelöst zu haben. (APA/AP)