Bild nicht mehr verfügbar.

Hans-Peter Martin sieht eine Gruppe von "10 bis 20 positiv Lästigen" um sich in Brüssel.

Foto: AP/Parigger

Wien - Ziemlich zuversichtlich geht Hans-Peter Martin in die EU-Wahl am 7. Juni. In der ORF-"Pressestunde" drückte er die Hoffnung aus, dass seine Liste zwei bis drei Mandate holen werde. Ob die Gruppe Martin dann in einer Fraktion vertreten sein wird, ließ er offen. Es sei hier einiges im Fluss.

Er gehe aber davon aus, dass es eine Gruppe von "10 bis 20 positiv Lästigen" geben werde. Eine Fraktion mit einem riesigen Apparat brauche man dabei nicht unbedingt, wie er schon in den vergangenen Jahren bewiesen habe.

Als eines seiner Highlights nannte Martin den Kampf gegen den "Luxus-Pensionsfonds" für die EU-Abgeordneten. Geplant war hier, Verluste dieses Topfes über das Budget auszugleichen. Das sei durch massiven Widerstand unter anderem von ihm doch noch verhindert worden.

Martin beklagt mangelnde Demokratie in Brüssel

Was Martin an der EU unverändert stört, ist die mangelnde Demokratie in Brüssel. Ein Staat EU könnte der Union angesichts der fehlenden demokratischen Legitimität gar nicht beitreten, meinte der Listenführer.

Der Vertrag von Lissabon erscheint Martin kein Ausweg aus der Krise. Statt dessen würde sich der "glühende Pro-Europäer" für ein Zwei-Kammer-System aus Parlament und Senat einsetzen, erklärte der Buchautor.

Sollte der Vertrag von Lissabon dennoch in Kraft treten, müsste es davor eine Volksabstimmung geben. Er habe bereits vor einigen Jahren bei "Krone"-Herausgeber Hans Dichand vorgesprochen und gesagt, dass man über das Vertragswerk ein Referendum brauche. Dieser sei dann später zu den selben Schlussfolgerungen gekommen wie er, so "Krone"-Kolumnist Martin.

Martin besteht auf "Du"

Abgrenzen will sich Martin von den anderen Parteien, was die Auswahl der Mitarbeiter angeht. Wie er noch für die SPÖ kandidiert habe, sei er sehr rasch damit konfrontiert worden, dass hier "Freunderln von Freunderln" in der Fraktion eingestellt würden. Da wähle er nun einen ganz anderen Weg. Martin will Jugendliche, die sich schwer tun, einen Job zu finden oder Personen, die unverschuldet keine Arbeit haben, jeweils für ein halbes Jahr engagieren.

Die "Pressestunde" gestaltete sich insofern ungewöhnlich, als für einmal Politiker und Journalist per du waren. Der frühere "profil"-Journalist Martin bestand zu Beginn der Sendung darauf, mit "profil"-Chefredakteur Herbert Lackner wie auch außerhalb der Sendung das Du-Wort zu verwenden. Lackner ergab sich schließlich dem Wunsch des streitbaren Spitzenkandidaten, der es auch bei dieser Gelegenheit nicht ausließ, den ORF zu kritisieren, da ihn dieser zu selten zu Wort kommen lasse.

Kritik an Martin von fünf Seiten

SPÖ, ÖVP, FPÖ, BZÖ und Grüne haben geschlossen den Auftritt des Unabhängigen Hans-Peter Martin in der "Pressestunde" kritisiert, in deren Rahmen er unter anderem eine Halbierung der EU-Beamtenapparats in Brüssel gefordert und sich neuerlich 14 Prozent bzw. zwei bis drei Mandate zum Ziel gesetzt hatte. "Der heutige Fernsehauftritt von Hans-Peter Martin hat gezeigt, dass er ein Zwischenrufer ohne Folgen bleibt", kritisierte SPÖ-EU-Spitzenkandidat Hannes Swoboda. Weder zum Thema Arbeitsplätze noch zur Bewältigung der globalen Wirtschaftskrise habe er irgendetwas beigetragen.

"Das Einzige was den ehemaligen SPÖ-Kandidaten Hans Peter Martin interessiert, ist Hans Peter Martin", urteilte VP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger. Darüber hinaus sei Martin der personifizierte Widerspruch. Er kandidiere für jenes Gremium, das er innerlich und öffentlich ablehne. Überhaupt nichts Neues konnte der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Manfred Haimbuchner in Martins Ausführungen erkennen. Wie üblich habe sich der "EU-Pharisäer Martin" darauf beschränkt, andere zu denunzieren und in seiner angeblichen Opferrolle zu schwelgen. Jede Stimme für Hans-Peter Martin sei eine verlorene Stimme.

Martin kritisiere und kassiere, befand BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner. Das sei scheinheilig und eine klare Wählertäuschung. Die Liste Martin sei nichts anderes als eine zweite SPÖ-Liste: "Wer Martin wählt, wählt die österreichische Variante der Linkspartei", so Petzner. Keine Zukunftskonzepte kann bei Martin auch die Grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek erkennen. Er gerierte sich als "Schaumschläger des anti-europäischen Populismus", resümiert die Grün-Politikerin. Schließlich habe Martin versucht, "profil"-Chefredakteur Herbert Lackner in die Du-Falle zu locken, "um zu demonstrieren, dass er Mitglied des österreichischen Verhaberungssystems sein will". (APA)