Warschau - Die polnische Regierung protestiert gegen einen Film der EU-Kommission, der den Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa vor 20 Jahren darstellt. Den Ereignissen in Polen würden in den Film nur wenige Sekunden gewidmet, so die Kritik. "Das zeigt, dass auch in der EU-Kommission dumme Entscheidungen und dumme Vorfälle passieren", sagte Premier Donald Tusk der Zeitung "Rzeczpospolita" (Montagausgabe). Besonders enttäuscht zeigen sich polnische Politiker darüber, dass der Name der unabhängigen Gewerkschaft "Solidarnosc" (Solidarität) in dem Film nicht erwähnt wird. Die Solidarnosc hatte im Juni 1989 die ersten halbfreien Wahlen in einem Ostblock-Staat erkämpft. Die Leiterin der EU-Vertretung in Polen, Roza Thun, sagte nach Informationen der Nachrichtenagentur IAR, die EU-Kommission werde diesen Fehler "bestimmt beheben".

"Ich möchte die richtigen Proportionen in der Wahrnehmung dessen, was sich vor 20 Jahren ereignet hat, wieder herstellen", erklärte Regierungschef Tusk. Der Leiter des Amtes für Europäische Integration, Mikolaj Dowgielewicz, setzte sich deshalb am Montag offiziell mit Brüssel in Verbindung. "Ich denke, dass wir das Problem in den nächsten Tagen lösen", erklärte Dowgielewicz gegenüber der Nachrichtenagentur PAP. Den Film "1989-2009: 20 Years of Liberty!" (20 Jahre der Freiheit!) veröffentlichte die EU-Kommission nicht auf ihrer Internet-Seite, sondern auf der Internet-Video-Plattform "youtube". Das knapp dreiminütige Video beginnt mit Bildern der Niederschlagung von Protestbewegungen und Aufständen in osteuropäischen Regimes, darunter auch die Einführung des Kriegsrechts in Polen 1981. Anschließend wird das Leben eines am 9. November 1989, dem Tag des Falls der Berliner Mauer, geborenen Buben mit dem Verlauf der europäischen Integration in Beziehung gesetzt.

Führende polnische Politiker beklagen seit langem, dass ihr Land in der internationalen Wahrnehmung der Ereignisse von 1989 zu kurz komme, obwohl Polen durch die Solidarnosc-Bewegung den größten Beitrag zum Untergang des Kommunismus geleistet habe. (APA)