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Wer zu tief ins Glas schaut und als Alkolenker mit 0,8 bis 1,2 Promille erwischt wird, soll künftig zum "Verkehrscoaching".

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Durchgeführt werden soll das "Verkehrscoaching" von Rettungssanitätern und Lebensberatern. Kritik kommt daran kommt von Verkehrspsychologen.

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Wien - Heute endet die Begutachtungsfrist zur 13. Führerscheingesetznovelle. Für Aufregung sorgt ein geplantes "Verkehrscoaching": Alkolenker, die mit 0,8 bis 1,2 Promille erwischt werden, sollen künftig zwei Stunden lang von Rettungssanitätern, Polizisten, Feuerwehrleuten und zwei weitere Stunden von Sozial- und Lebensberatern oder Psychologen geschult werden. Bisher war die Arbeit mit alkoholauffälligen Lenkern ausschließlich Verkehrspsychologen vorbehalten. 

Die neue Maßnahme soll den Betroffenen "die Konsequenzen des eigenen Handelens vorführen, die Eigeninitiative fördern und eine Erweiterung des Handlungsspektrums aufzeigen", erklärte Ursula Messner, Pressesprecherin des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, von dem der Vorschlag eines "Verkehrscoachings" stammt, gegenüber derStandard.at. Eine nicht zielführende "Mogelpackung" sieht indessen der Verkehrspsychologe Gregor Bartl vom Institut "alles-führerschein" in einer solchen Nachschulung.

Evaluierungen

"Alkolenker haben kein Aufklärungsdefizit, sondern ein Einstellungsproblem", so Bartl. Verkehrspsychologen seien dafür ausgebildet, dass sie die Teilnehmer dabei unterstützen, "wieder Ordnung in ihre Lebensführung zu bringen und sie auch mit unangenehmen Dinge zu konfrontieren". Evaluierungen hätten gezeigt, dass verkehrspsychologische Nachschulungen im Bereich von 0,8 bis 1,2 Promille die Rückfallhäufigkeit um die Hälfte reduziert haben.

Versuche, bei denen Rettungssanitätern Nachschulungen durchgeführt haben, seien hingegen in Europa bereits mehrmals gescheitert. So zeige eine Schweizer Studie, dass solche Kurse keinen Einfluss auf die Rückfälligkeit der Teilnehmer gebracht haben. Bartl kritisierte, dass die heimischen Blaulichtorganisationen hinsichtlich ihrer neuen Aufgaben offenbar noch gar nicht gefragt wurden und auch keine Konzepte parat haben.

Bündel an Maßnahmen

Die umfangreicheren Nachschulungen durch Verkehrspsychologen werden erst bei Alkolenkern ab 1,2 Promille bzw. zwei Delikten zwischen 0,8 und 1,19 Promille innerhalb von fünf Jahren durchgeführt und kosten den Alkolenker rund 500 Euro. Im neuen, kürzeren Verkehrscoaching sieht Kuratoriumssprecherin Messner "den ersten Schritt in einer langen Maßnahmenkette". Es sei wichtig, dass es "ein Bündel an Maßnahmen mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Abstufungen" gibt. Die Verkehrspolitiker seien nicht bereit, für Lenker mit 0,8 Promille die teureren 15-stündigen Nachschulungen zu verordnen, hatte Kuratoriumsdirektor Othmar Tann bereits im Ö1-Morgenjournal erklärt.

So sollen die vier Stunden Verkehrscoaching nur rund 100 Euro kosten. Genau dies sei auch der Betrag, den auch qualifizierte Verkehrspsychologen für einen solchen Zeitraum kosten würden, plädierte Bartl dafür, dass auch eine kürzere Nachschulung "zumindest von Profis" durchgeführt wird. Andernfalls ist der Verkehrspychologe dafür, das Verkehrscoaching fallen zu lassen. Eine Alternative sei auch, die Strafen nicht zu erhöhen und den Differenzbetrag für bessere Nachschulungen zu verwenden. (glicka, derStandard.at, 20. Mai 2009)