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Glaubt an den Markt: der Vizegouverneur der Tschechischen Nationalbank, Miroslav Singer.

Foto: Reuters/Leonhard Foeger

Der Vizegouverneur der Tschechischen Nationalbank, Miroslav Singer, hält die Auswirkungen der Krise auf den lokalen Finanzmarkt für beherrschbar. Er kritisiert die anderswo betriebene Ausweitung der Geldmenge.

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Wien/Prag - Die Verletzbarkeit der tschechischen Wirtschaft beruhe auf ihrer hohen Exportorientierung, betonte der Vizegouverneur der Tschechischen Nationalbank (CNB), Miroslav Singer, bei einem Vortrag in der Botschaft der Tschechischen Republik in Wien. Und die Krisenanfälligkeit, die sich heuer in einem Minus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,4 Prozent im Jahresvergleich niederschlagen wird, sei nicht auf den tschechischen Finanzmarkt zurückzuführen.

"Das hat der Markt schneller erkannt als der Internationale Währungsfonds" , sagte Singer etwas zynisch im Hinblick auf die mittlerweile revidierten Berechnungen des IWF über die Finanzrisiken in einer Reihe osteuropäischer Staaten sowie in Österreich.

"Zu aktivistisch"

Im Gegenteil. Die Auswirkungen der Krise auf den tschechischen Finanzsektor seien überschaubar und beherrschbar, führte Singer aus, der deshalb auch nichts davon hält, dass sich Regierungen und Zentralbanken vieler Länder "zu aktivistisch" verhalten: "Man heilt da nicht die Ursachen, sondern dämpft lediglich die Folgen. Die Frage ist: Ist die jetzige Geldexpansion das richtige Mittel auf die vorhergegangene langfristige Geldexpansion?"

Die Tschechische Nationalbank verfolge einen anderen Weg: Sie nehme Liquidität aus dem Markt, was deshalb funktioniere, weil sich die Banken über die Spareinlagen der privaten Haushalte finanzieren könnten. Der Anteil der Fremdwährungskredite bei Haushalten und Unternehmen sei der niedrigste aller osteuropäischer Staaten.

Lediglich die Unternehmen würden einen Anteil von rund zehn Prozent in Fremdwährungen halten.­ "Das ist für die Exportkredite" , erläuterte Singer und fügte an: "Aus Fremdwährungskrediten resultiert nur eine sehr niedrige Verletzbarkeit bei uns."

Die tschechischen Banken seien innerhalb der Finanzinstitute der neuen EU-Mitgliedstaaten die einzigen, die von externen ausländischen Quellen unabhängig seien. "Bei uns sind die ausländischen Mütter die Schuldnerinnen, nicht umgekehrt" , sagte Singer im Hinblick etwa auf die Erste Bank, die von ihrer tschechischen Tochter Èeská spoøitelna finanzielle Unterstützung erhielt. Auch die französische Sociéte Générale erhielt von ihrer tschechischen Tochter Komerèní banka so einen Zufluss - genannt Interbanken-Deposit.

Für zentrale Aufsicht in EU

Eine sehr explizite Meinung hat Singer über die künftigen Konstruktionen zur Kontrolle der EU-Finanzmärkte. Im Gespräch mit dem Standard vertrat der Vizegouverneur die Ansicht, dass es zu viele Institutionen gebe und nach dem Muster Tschechiens die Aufsicht in eine große Behörde zusammengeführt gehörte. "Meiner Meinung nach ist das Desaster von AIG (dem US-Versicherungskonzern, Anm.) auch darauf zurückzuführen, dass es in jedem US-Bundesstaat eine Versicherungsaufsicht gibt. Da weiß die linke Hand nicht was die rechte tut. "

Die EU, meint Singer, sei nicht viel besser. Jedes Land habe drei bis vier Aufsichtsbehörden mit unterschiedlichen Kontrollaufgaben. "Wenn wir uns treffen, sind da locker 80 Vertreter. Da kommt man nie schnell zu einer Lösung." (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.5.2009)