Die Vorarlberger Marktgemeinde Nenzing hat etwa 6.000 Einwohner, vier Kirchen und Kapellen und – eine Moschee. Der Bürgermeister der Gemeinde Florian Kasseroler ist FPÖ-Mitglied und trotzdem dafür, das Gebetshaus wieder aufzubauen. Warum das so ist und wieso er damit auf Linie der Freiheitlichen agiert, sagt er im Interview mit derStandard.at.
derStandard.at: Harr Kasseroler, der Grüne Abgeordnete Peter Pilz schreibt in seinem Blog, Sie gestatten den Bau einer Moschee in Ihrer Gemeinde. Eher ungewöhnlich für einen FPÖler, oder?
Florian Kasseroler: Da muss man schon ein bisschen weiter ausholen. In Nenzing steht seit 25 Jahren ein Gebetshaus, das von der Atib (Türkisch-Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich, Anm.) genutzt wird. Damit hat es nie – auch nicht innerhalb der Bevölkerung ein Problem – gegeben.
derStandard.at: Was ist jetzt also anders?
Kasseroler: Wir planen einen neuen Verkehrsweg, der ein weiteres Gebiet erschließen und für die Bevölkerung Entlastungen bringen soll. Und dieser Weg führt nun mitten durch das Gebetshaus. Natürlich hat man als Gemeindevertreter eine Verantwortung allen Bürgern gegenüber und deshalb haben wir der Atib angeboten, bei der Suche nach einem Ersatzstandort behilflich zu sein.
derStandard.at: Gab es dabei Probleme?
Kasseroler: Ja, also zuerst wurde selbständig durch den Verein Atib im Ortszentrum nach Objekten gesucht und da kam es dann relativ schnell zu Protesten innerhalb der Bevölkerung. Deshalb wurde schon im Jahr 2007 ein Platz gefunden, der zwar im Siedlungsbereich liegt, wo jedoch ein gutes Nebeneinander möglich sein müsste. 1.500 Quadratmeter wurden mit klaren Auflagen, z.B. kein Minarett, Mitsprache der Gemeinde bei der architektonischen Gestaltung, genügend Parkplätze usw. zum Bau eines Gebetshauses in der Gemeindevertretung genehmigt.
derStandard.at: Startet der Bau bald?
Kasseroler: Derzeit gibt es noch keine Baueingabe. Aufgrund von Anrainerprotesten wurden die Planungen derzeit zurück gestellt. Seitens von Atib wird klar kommuniziert werden, dass es sich hier um kein überregionales Kulturzentrum handelt. Auch eine wesentliche Verkleinerung des Projektes ist in Diskussion. Erst dann wird das Projekt weiter verfolgt.
derStandard.at: War sich die Gemeindevertretung in ihrer Entscheidung einig?
Kasseroler: Von insgesamt 27 Gemeindevertretern waren 24 dafür und drei dagegen. Die drei übrigens von SPÖ-Seite. Hier scheinen gewisse Naheverhältnisse mit der Nachbarschaft eine Rolle gespielt zu haben. Ich habe für den Standort gestimmt.
derStandard.at: Wie wird Ihre Entscheidung innerhalb der FPÖ gesehen?
Kasseroler: Ich möchte diese Diskussion losgelöst von jeder Bundesdiskussion haben. Ich bin hier Bürgermeister und als solcher für alle Bürger verantwortlich und dafür, das Leben in der Gemeinde möglichst so zu gestalten, dass ein gutes Miteinander möglich ist. Außerdem handelt es sich bei diesem Projekt nicht um die Neuerrichtung einer regionalen Moschee, sondern um ein lokales Gebetshaus das aus Gemeindeinteresse abgerissen werden muss, und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden soll.
derStandard.at: Also sehen Sie Ihre Position nicht konträr zu der Parteilinie?
Kasseroler: Nein, im Gegenteil. Die FPÖ ist für die freie Religionsausübung und auf Seite aller Menschen, die sich in Österreich integrieren wollen. Und die Betroffenen sind ja auch größtenteils österreichische Staatsbürger. Ich tue das, was im Interesse der Gesamtgemeinde zu tun ist. Das andere ist EU- und Bundespolitik. (Saskia Jungnikl, derStandard.at, 22.5.2009)