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Perlen: Chinas Kette schließt sich.

Foto: Reuters

"Perlenkette" nannte Militärstratege Christopher J. Pehrson vom US-Verteidigungsministerium 2006 die mit zunehmendem Nachdruck von China verfolgte Strategie, sich durch Handelshäfen in verbündeten Staaten mehr Einfluss in Südostasien zu verschaffen. Etwa in Burma, dessen Militärs die Zuwendungen aus Peking nicht nur gut gebrauchen können, sondern nun auch eine Autobahn von der chinesischen Grenze zum vom großen Nachbarn errichteten Hafen Sittwe aus dem Boden stampfen lassen. Neben Stützpunkten in Bangladesch und Pakistan ist der Hafen von Hambantota in Sri Lanka nun das neueste Glied in der Kette. Das lassen sich die Machthaber in Peking auch mehr kosten als alle anderen Investoren auf der Insel vor der Südspitze Indiens - massive Militärhilfe inklusive.


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Seit China seine Subventionszahlungen an die Regierung in Colombo um das Fünffache auf 1 Milliarde Dollar im Jahr 2008 steigerte, fungiert Peking als größter Geldgeber und engster Verbündeter Sri Lankas in der Region. Seit einige westliche Regierungen und Indien in den Neunzigerjahren die Waffenlieferungen an Colombo wegen des andauernden Bürgerkriegs dezimiert beziehungsweise eingestellt hatten, bot sich China dem Inselstaat vermehrt als Alternative an. Seit 2007 kommt aufgrund der Menschenrechtslage aus den USA kein Kriegsgerät mehr nach Sri Lanka. 

Bomber und Radar

Ohne die dringend benötigten Waffenlieferungen aus China, allen voran Jian-7 Jagdbomber, Flugabwehrgeschütze und Radaranlagen, hätte die Zentralregierung in Colombo die Tamil Tigers nach Ansicht vieler Experten nicht in so kurzer Zeit militärisch besiegen können. Dass Chinas Verbündeter Pakistan die Ausbildung der sri lankischen Militärpiloten übernahm, gilt ebenso als gesichert.

Eine Milliarde Dollar soll der Hafen in Hambantota das chinesische Staatssäckel kosten, vor eineinhalb Jahren wurde mit dem Bau in dem 20.000-Einwohnerort an der Südspitze Sri Lankas begonnen - just in dem Moment, als Colombo begann, den jahrzehntelangen Krieg gegen die LTTE-Rebellen mit neuer Vehemenz und neuem Rüstzeug zu führen. Sobald der Hafen fertig ist, sollen die Schiffe der chinesischen Marine, die in der Region Öltanker aus Saudi Arabien in Richtung Osten geleiten, dort betankt werden und vor Anker gehen können. Aus Hambantota könnte somit ein chinesisches Äquivalent zum US-Stützpunkt auf der benachbarten Insel Diego Garcia und zur britischen Basis in Sri Lanka erwachsen.

Tamilen am Festland

In Indien wird diese Entwicklung argwöhnisch beäugt. Im Gegensatz zum nördlichen Nachbarn verfolgt Delhi einen weit differenzierteren Ansatz, was die Unterstützung der kleinen Insel vor der Küste betrifft. Kein Wunder, leben doch im südlichen Bundesstaat Tamil Nadu gegenüber von Sri Lanka 50 Millionen Tamilen. Zudem bemüht sich Indien nicht erst seit dem Mordanschlag auf den früheren Premierminister Rajiv Gandhi durch eine LTTE-Terroristin eher um Beschwichtigung denn um eine Eskalation des Konfliktes nebenan.

Das chinesische Engagement ruft aber bei Politikern in Delhi Beunruhigung hervor. „China fischt in unruhigem Gewässer", meinte etwa Innenminister Palaniappan Chidambaram. Dabei geht es Indien nicht bloß um die wirtschaftliche Bedeutung, die eine geschlossene „Perlenkette" für das Riesenreich im Nordosten haben könnte. „Für China ist Hambantota ein Wirtschaftsprojekt, aber es könnte in Zukunft auch als strategischer Stützpunkt gebraucht werden", warnt Dipankar Banerjee vom Institut für Friedens- und Konfliktstudien in Delhi in den Londoner Times. Die Perlenkette wird dichter. (flon/derStandard.at, 22.5.2009)