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Schaulustige am Unglücksort

Foto: AP/Choi Byung-gil

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Roh Moo-hyun bei einem Truppenbesuch im Irak

Foto: Reuters

Seoul/Tokio - Südkorea ist nach dem spektakulären Selbstmord des früheren Präsidenten Roh Moo-hyun in Trauer. Tausende Koreaner strömten am Sonntag in das 450 Kilometer südlich von Seoul gelegene Dorf Bongha, um des unter Korruptionsverdacht stehenden Ex-Präsidenten zu gedenken. Viele schockierte Anhänger Rohs ließen ihren Tränen freien Lauf. "Wir beten für dein Glück", schrieb ein Trauernder in ein Beileidsbuch. In einem öffentlichen Begräbnis will das Land diese Woche von ihm Abschied nehmen.

Nach Angaben der Polizei war Roh am Samstagmorgen mit einem Leibwächter auf einen kleinen Berg hinter seinem Haus gestiegen und hatte sich von der 30 Meter hohen Steilwand in den Tod gestürzt. Kurze Zeit später erlag der 62-Jährige, der Südkorea von 2003 bis 2008 regierte, in einem Krankenhaus seinen schweren Kopfverletzungen.

In einem Abschiedsbrief stellte der von schwerer Krankheit geschwächte ehemalige Bürgerrechtler seinen Freitod in Verbindung mit Korruptionsermittlungen gegen ihn und seine Familie, die kommende Woche in einem zweiten Verhör gipfeln sollten. Die Staatsanwaltschaft warf Roh vor, dass Familienmitglieder, darunter auch seine Frau, mindestens sechs Millionen Dollar an Bestechungsgeldern erhalten haben. Rohs älterer Bruder Gun-pyeong war in einem anderen Korruptionsfall bereits am 14. Mai zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Roh hatte bei seinem ersten Verhör im April noch jegliche Kenntnis der Vorfälle bestritten. Doch offenbar ertrug er den Druck nicht mehr. "Der Schmerz, den ich vielen Menschen zugefügt habe, ist zu groß", hatte Roh einem Polizeisprecher zufolge in seinen Computer getippt. Wegen seiner schwachen Gesundheit könne er weder lesen noch schreiben. "Seid nicht zu traurig", schrieb er, "gebt niemandem Schuld." Er bat um eine Einäscherung und einen Grabstein in der Nähe seines Hauses.

Beobachter überrascht seine Verstrickung in einen Bestechungsfall nicht. "Korruption unter Präsidenten ist seit langem vorherrschend", sagt Robert Dujarric, Korea-Experte der Temple University in Japan. Gegen drei Ex-Präsidenten liefen Verfahren. Auch die Wirtschaft ist von Bestechung durchdrungen. Im Korruptionsindex von Transparency International rangiert Südkorea auf Rang 40, umgeben von Ländern wie Botswana, Puerto Rico und Mauritius. Zum Vergleich: Die Schweiz rangiert auf Rang fünf, Österreich auf zwölf und Deutschland auf 14.

Aber Rohs Fall ist tragisch. Denn der ehemalige Held der Linken verdankte die Präsidentschaft seinem Image als Saubermann. Korruptionsbekämpfung war sein Markenzeichen. Der Bauernsohn hatte sich in den Jahren der Diktatur im Selbststudium zum Richter hochgearbeitet. (Martin Koelling/DER STANDARD, Printausgabe, 25.5.2009)