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Ein kleiner Schnitt durch den Samenleiter macht den Mann unfruchtbar

Foto: APA/dpa/Brunner

Mann, Meer und Surfbrett. Ein Bild, das Dynamik vermittelt, Draufgängertum. Dazu der Slogan: "Mann tut's" und der Nachsatz "Wenn Verhütung Männersache wird". Auf ungewöhnliche Weise macht eine Werbekampagne des Wiener Ambulatoriums pro:woman auf die Vasektomie, die Sterilisation des Mannes, aufmerksam. "Ein schöner Zugang", lobt der Vorarlberger Psychotherapeut Arno Dalpra den Versuch, "über den Sport, der ja eines der Lieblingsthemen von Männern ist, auf das Tabuthema männliche Sexualität und Körperlichkeit hinzuweisen". Denn im Gegensatz zu Frauen hätten Männer starke Barrieren, über Körper, Sexualität und damit verbundene Probleme zu sprechen.

Noch immer Frauensache

Verhütung sei für den Großteil der Männer Frauensache, es zeige sich aber "eine Tendenz, mehr Verantwortung übernehmen zu wollen". Diese Beobachtung macht auch Georg Pfau, Sexualmediziner in Linz: "Immer mehr Männer möchten für die Familienplanung aktiv Mitverantwortung tragen." Laut einer Umfrage von pro:woman finden 86 Prozent der befragten Männer, Verhütung sollte nicht allein Frauensache sein.

Die Statistik der Weltgesundheitsorganisation WHO zeigt die Realität: Kondome, Vasektomie, Coitus interruptus und periodische Abstinenz machen weltweit nur 27 Prozent der Verhütungsmittel aus, in westlichen Industrieländern ist der Anteil noch geringer.

Männliche Sterilisation

Die wirksamste männliche Methode ist die Vasektomie. Die meisten Anhänger hat sie in Neuseeland und in den USA. Jährlich lassen sich 850.000 US-Amerikaner vasektomieren, 100.000 Briten, aber nur 25.000 Deutsche. Für Österreich liegen keine Daten vor, sagt Elke Graf, Leiterin des Zentrums für Vasektomie bei pro:woman. Die Vasektomie zähle zu den privaten ärztlichen Leistungen, eine Aufzeichnung sei nicht vorgesehen.

Der kleine Schnitt hat große Wirkung: Bei der Operation ohne Skalpell wird in lokaler Betäubung ein Stück des Samenleiters entfernt und der Samenleiter mit einem Faden, der sich nicht auflösen kann, unterbunden. Dadurch wird der Transport der Spermien in die Samenflüssigkeit unmöglich. Eine Bindegewebsschicht zwischen den beiden Enden soll verhindern, dass der Samenleiter wieder zusammenwächst. Unfruchtbar ist der Mann aber erst nach 16 Wochen. Sicherheit erhält er über Samenproben, die auf noch vorhandene Samenzellen untersucht werden.

Schnitt oder Hormonspritze

Der Eingriff ist zwar grundsätzlich reversibel, aber nur in 50 Prozent der Fälle erfolgreich. Dann bleibt nur die künstliche Befruchtung. Erlaubt ist die Vasektomie in Österreich ab dem 25. Lebensjahr. Sexualmediziner Georg Pfau und Psychotherapeut Arno Dalpra sind sich einig: "Der Eingriff muss reiflich überlegt sein." Er eigne sich auch nur bei abgeschlossener Familienplanung. Pfau fordert vor der Operation "umfassende Aufklärung" des Mannes und seiner Partnerin über mögliche psychische und physische Folgen.

Reversible Kontrazeptiva für den Mann wären also gefragt. Wurde die "Pille für den Mann" im "Weimarer Manifest zur männlichen Empfängnisverhütung" von 1997 noch für die "nahe Zukunft" angekündigt, weiß man inzwischen, dass es hormonelle Kontrazeptiva in Tablettenform wahrscheinlich nie geben wird. Was nicht an der Unwilligkeit der männlichen Forscher liegt, sondern an der Leber, die oral verabreichtes Testosteron gleich wieder umwandelt und damit unwirksam macht.

Intensiv geforscht wird nun an Hormonspritzen, die - alle paar Monate verabreicht - die Hormone der Hirnanhangdrüse und damit die Spermienbildung unterdrücken. Stand der Forschung ist, dass sich das durch Kombination des männlichen Geschlechtshormons Testosteron mit weiblichen Sexualhormonen am besten erreichen lässt. So berichtete das australische Anzac Research Institute 2003 über eine 100-prozentige Erfolgsrate bei 55 Paaren mit einer Kombination aus injiziertem Progestin (synthetisches weibliches Sexualhormon) und Testosteron-Implantaten.

Weltweit wird die Wirksamkeit hormoneller Kombinationsmethoden nun durch eine Studie der WHO an 400 Paaren erprobt. Warum an Paaren? Der deutsche Studienleiter Michael Zitzmann, Androloge und Endokrinologe am Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie der Uniklinik Münster: "Weil der Nachweis, dass keine Samenzellen mehr vorhanden sind, für die Behörden nicht ausreicht. Wir müssen auch zeigen, dass keine Schwangerschaften entstehen."

Ziel sei, hormonelle Kontrazeptiva marktreif zu machen, die etwa alle acht Wochen vom Arzt gespritzt werden und nicht teurer sind als die Antibabypille. Die WHO-Studie läuft bis 2012. Dann könnte die Spritze für den Mann auf den Markt kommen. Die Zielgruppe laut Michael Zitzmann: "Männer, die in stabilen Partnerschaften leben." (Jutta Berger, DER STANDARD, Printausgabe, 25.5.2009)