Die Grünen wollen drei Frauen - Monika Vana (im Bild), Ulrike Lunacek und Eva Lichtenberger - ausspielen, um drei Mandate im Europa-Parlament zu ergattern. Laut Umfragen könnte es nur ein Sitz werden.

 Wien - Es war der gutgemeinte Versuch, im grauen Wahlkampf Farbe zu bekennen. Als Gag hatten die Grünen ein Kartenspiel drucken lassen, das Freund und Feind launig vorstellt. Da gibt es „Rüpel" wie Andreas Mölzer, „Ungustln" wie Hans-Peter Martin, „Marionetten" wie Werner Faymann. Und natürlich die grünen Kandidatinnen, die sich in der Rolle der unerschrockenen "KämpferIn" gefallen.

Nach einem Probedruck wurde das Quartett eingestampft. Die Erfinder hatten beim Witzeln etwas die ideologische Orientierung verloren. So reihten sie den EuropaParlamentarier Daniel Cohn-Bendit, einen der wenigen grünen Politstars, gemeinsam mit Wolfgang Schüssel und Peter Westenthaler in die unschmeichelhafte Kategorie der „Trickser" ein - keine guten Karten für einen Wahlsieg.

Die Panne ist symptomatisch für einen Wahlkampf, in dem die Grünen viel Energie verschwendeten, um sich gegenseitig zu bekämpfen. Resultat des peinlichen Funktionärstheaters: Der profilierte und erfolgreiche Johannes Voggenhuber musste als Spitzenkandidat der weit unbekannteren Ulrike Lunacek Platz machen - und die Grünen standen am Rande einer Spaltung. Dass die potenziellen Wähler ihrer Partei diese "Trottelei" (ein Grüner) schon verziehen haben, versichern nur offizielle Sprecher wie Kommunikationschef Oliver Korschil („ist eine virtuelle Debatte") und Kandidatinnen wie Monika Vana („es läuft ausgezeichnet").
Die Wiener Gemeinderätin Sigrid Pilz erzählt hingegen, dass sie auf der Straße oft auf Voggenhuber angesprochen werde, der - so die weitverbreitete Wahrnehmung - von kurzsichtigen und eifersüchtigen Apparatschiks ausgebootet worden sei. Pilz wirbt dann für Lunacek und erklärt, dass sich Voggenhuber „selbst aus dem Spiel genommen" und die Partei seine Konkurrentin demokratisch gewählt habe. "Aber damit überzeuge ich vielleicht zwei oder drei von 20 Leuten", sagt sie: „Der Rest meint: ,Lassts uns in Ruh' mit euren Funktionärsdebatten.‘"

Die Hauptverantwortung sieht Pilz, die ihre Partei für „thematisch gut aufgestellt" hält, bei Voggenhuber, merkt aber an: „Wir hätten das kommen sehen und rechtzeitig eine Verhandlungslösung suchen müssen."
„Das Ganze war ein Fehler", sagt Cyriak Schwaighofer, Obergrüner in Voggenhubers Heimat Salzburg. Er lasse sich erst am Abend des 7. Juni davon überzeugen, dass die Rochade funktioniert habe: „Erst dann, wenn wir gleich stark sind wie beim letzten Mal oder stärker." Damit legt Schwaighofer die Latte hoch: Fast 13 Prozent hatte Voggenhuber 2004 heimgeholt. 

Was ihn am grünen Wahlkampf noch irritiert: Das weibliche Triumvirat an der Spitze (siehe Illustration). „Auch wenn ich damit in den frauenfeindlichen Napf trete - aber ein Mann hätt' sich schon gut gemacht", sagt Schwaighofer. Er zweifle zwar nicht an Lunaceks Kompetenz, aber Voggenhuber _sei beim Stimmenfang eben "eine Ausnahmeerscheinung. Diese Schuhe wären jedem zu groß."

Das bekritteln auch andere Funktionäre, die Lunaceks Bemühungen beobachtet haben, bei Wahlauftritten Feuer zu entfachen. Sowieso ungeliebt sind die an ein Revolutionsgemälde angelehnten Plakate - Schwaighofer nennt sie „martialisch", so manch anderer Grüne einfach nur „peinlich". Dritte wiederum, wie der Wiener Christoph Chorherr, wünschen sich „mehr Enthusiasmus" pro EU. „Die Grünen müssen dem allgemeinen Gejammer über die Eurobürokraten widersprechen", sagt er: „Wir verdanken der EU viele positive Impulse, siehe jüngster Asylbeschluss - man muss sich trauen, das zu sagen." Den Grünen gelinge es leider zu wenig, Themen zu setzen: "Wir wirken müde." 

Lunaceks Performance hält Chorherr „angesichts schwieriger Umstände" für gut - was der Vorarlberger Parteichef Johannes Rauch genauso sieht. Wegen der Causa Voggenhuber habe sich „ein großes Potenzial abgewandt", sagt er, „im Nahkampf lässt sich jedoch noch viel zurückholen." Aber nicht alles, fürchten viele Grüne: „Mit Voggenhuber und Lunacek hätten wir 16 Prozent gemacht - jetzt werden es acht." Das politische Zugpferd wegen persönlicher Animositäten abzuhalftern sei unverzeihlich, urteilt einer: „Wenn mich ein Arzt gut operiert, ist mir egal, ob er ein Arschloch ist." (Gerald John, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Print, 26.5.2009)