Auch der Weißrückenspecht profitiert davon, dass alte Bäume unberührt bleiben.

Foto: ÖBf/N. Pühringer

"Ich hab mich verflogen, in der weiten, weiten Welt", heißt es in Joseph von Eichendorffs "Lied an die Waldvögel". Was er genau damit meint, bleibt wie so oft bei den Romantikern eine Sache der Interpretation. Rund 170 Jahre nach Entstehung des Poems beschwört der Satz eine wenig romantische Realität. Ziegenmelker, Wendehälse, Baumpieper und Konsorten drohen dem Wald abhanden zu kommen. Für die Mitglieder dieses "Waldchors" wird der Lebensraum immer kleiner. Mit 59 Arten steht fast die Hälfte aller in Österreich vorkommenden Waldvögel auf der Roten Liste. Ohne Hilfe sehen neben den genannten Arten auch Raufußkauz, Sakerfalke, Wespenbussard, verschiedene Spechtarten und der Schwarzstorch einer wenig erbaulichen Zukunft entgegen.

Lebensraum für Vögel

Damit die geflügelten Waldbewohner ihren Lebensraum zurückerobern können, haben die Österreichischen Bundesforste gemeinsam mit den Vogelschützern von BirdLife eine Kooperation ins Leben gerufen. Für den Bundesforste-Natur- und Umweltschutzbeauftragten Gerald Plattner ist dabei klar: "Es muss ein Weg gefunden werden, trotz Waldbewirtschaftung auch den Lebensraum für die Vogelarten zu erhalten." Ganz einfach ist die Sache nicht, "weil in der Natur ziemlich verschiedene Interessen aufeinander treffen. Es geht also um die Frage, wie ich unter größtmöglicher Rücksichtnahme auf ökologische Zusammenhänge eine Ressource bewirtschaften kann", setzt Plattner den Sachverhalt auseinander. Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer von BirdLife Österreich, ist optimistisch, dass die Zusammenarbeit für die Vogelwelt einiges bringt: "In den nächsten 20 Jahren wollen wir bei den heute gefährdeten Vogelarten wieder einen Zuwachs erreichen." Was die Bundesforste genau dazu beitragen, schildert Plattner so: "Wir verzichten gezielt auf die eine oder andere Nutzung und lassen alte Bäume, Totholz oder Höhlen als Brutplätze und Futterquellen unberührt."

Unkonventionelle Mittel

Die Komplexität solcher Vorhaben verdeutlicht die Dauer ihrer Zeitläufe: "Zwei bis drei Jahre hatten wir mit Bird Life zusammengearbeitet, bis wir uns schlussendlich auf ein fünfjähriges Projekt geeinigt haben", sagt Plattner. Zu den Kooperationspartnern der Bundesforste gehören aber nicht, nur NGOs, die sich dem Vogelschutz verschrieben haben. Verschiedene Vorhaben werden auch im Dienste anderer Waldbewohner ausgeheckt: Die Haselmaus gehört etwa dazu. Während das Charaktertier des heimischen Waldes Anfang des 20. Jahrhunderts noch bis in die städtischen Gärten vordrang, wird es immer seltener gesichtet. Naturfreunde machen sich ob dieser Entwicklung durchaus Sorgen, gilt der Nager doch als Bioindikator für Tier rund Pflanzenvielfalt. Die Österreichischen Bundesforste wollen mittels unkonventioneller Mittel mit dem Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FiWi) und dem Biosphärenpark Wienerwald Licht ins Dunkel des Bestandes bringen. Mithilfe jugendlicher Unterstützung aus Kindergärten und Schulklassen soll den Fraßspuren der zurückgezogen lebenden possierlichen Waldbewohner nachgespürt werden. Im Wienerwald wird deswegen zur großen Nussjagd geblasen. "Je zahlreicher die Helfer mitwirken, desto mehr bringen wir über den Haselmausbestand in Erfahrung", erklärt Birgit Rotter, ÖBf-Projektverantwortliche das Prinzip. Für die Einschulung der jungen Haselmausforscher sorgt ein eigener Nussjägermeister. "Das Haselmausprojekt ist ein gelungenes Beispiel für die Verbindung von wissenschaftlichem Artenschutz und spielerischer Naturvermittlung", lobt Gerfried Koch, Direktor des Biosphärenparks Wienerwald.

Rückkehr des Habichtskauzes

Eine zweite Chance soll durch ein ebenso außergewöhnliches Artenschutzprojekt der in Österreich bereits ausgestorbene Habichtskauz bekommen. In den kommenden Jahren wird durch Freilassung von Jungvögeln im Biosphärenpark Wienerwald sowie im einzigen Wildnisgebiet Österreichs, am Dürrenstein, ein neuer Bestand gegründet. Die gefiederten Jungtiere stehen unter genauer Beobachtung: "Wir markieren die Eulen mit kleinen High-Tech-Sendern", sagt Walter Arnold, Leiter des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Dem Zufall wird laut Arnold bei dem ambitionierten Projekt nichts überlassen: "Durch die Telemetrie können wir die Position der Tiere jederzeit feststellen und so ihren Aktionsraum, ihre Aktivität und die Bildung erster Brutpaare registrieren."