Wien/Hamburg - Auch wenn alles tatsächlich auf einen unterirdischen Atomtest Nordkoreas hindeutet - nachgewiesen ist dieser noch nicht endgültig. Auf den Seismogrammen, die das Zittern der Erde in Diagrammen abbilden, können Forscher in der Regel nur erkennen, ob ein Beben natürliche Ursachen hat oder auf eine Explosion zurückgeht. Ob es sich aber um eine nukleare oder um eine chemische Detonation handelt, verraten die Diagramme kaum, schreibt "Spiegel Online" unter Berufung auf Experten.

Den Beweis eines Atomtests liefern erst radioaktive Spaltprodukte oder freigesetztes Xenon. Bei dem Atomtest Nordkoreas im Oktober 2006 dauerte es mehrere Tage, bis die USA bekanntgaben, dass es sich tatsächlich um eine nukleare Explosion gehandelt hat. US-Geheimdienste und Militärs hatten unter anderem mit Flugzeugen Luftproben in der Region eingesammelt.

Der Nachweis kann sehr schwierig sein, sagt Thomas Hoffmann vom Geoforschungszentrum Potsdam im Gespräch mit "Spiegel online". "Wenn die unterirdische Explosionsstelle gut abgedichtet ist, gelangen kaum radioaktive Partikel in die Atmosphäre."

Hinzu kommt, dass Forscher nicht vor Ort messen können. Sie müssen vielmehr darauf hoffen, dass stetige Winde genügend Reaktionsprodukte in Richtung ihrer Messgeräte transportieren. Diese fangen die radioaktiven Partikel entweder mit feinen Filtern auf oder aber sie messen die Menge des Edelgases Xenon, das bei Nuklearexplosionen ebenfalls freigesetzt wird.

Der erste Atomtest fand am 16. Juli 1945 im US-Bundesstaat New Mexico statt. "Trinitity" hieß die Bombe mit einer Sprengkraft von 20 Kilotonnen, die überirdisch gezündet wurde. Bis Anfang der neunziger Jahre führten die USA, die Sowjetunion Großbritannien und Frankreich mehr als 2000 Tests durch - die meisten davon unterirdisch. Seit 1996 besteht de facto ein Teststopp-Moratorium, gegen das jedoch Indien, Pakistan und Nordkorea verstoßen haben.

Wenn der geplante Kernwaffenteststopp-Vertrag (CTBT) in Kraft tritt, würde die in Wien ansässige Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) seine Einhaltung überwachen. Die CTBTO baut derzeit die Infrastruktur auf, um Kernwaffentests zuverlässig identifizieren zu können.

Staaten wie die USA oder Russland sind auf reale Tests allerdings jedoch kaum noch angewiesen. Sie haben genügend Messdaten aus Hunderten von Atomtests, mit deren Hilfe sie nukleare Explosionen am Computer simulieren können.

CTBTO: Nachweis noch zu erbringen


Auch die in Wien ansässige Organsation zur Überwachung des Atomteststoppabkommens (CTBTO) hat am Montag in einer Aussendung betont, dass der "nukleare Charakter" der von Nordkorea als "Atomtest" bezeichneten künstlich ausgelösten unterirdischen Explosion noch nachgewiesen werden müsse. Es müssten noch radioaktive Partikel oder Edelgase in der Atmosphäre nachgewiesen werden, die auch bei unterirdischen Nukleartests häufig freigesetzt würden.

Im Oktober 2006 seien Spuren des Edelgases Xenon 133 erst nach zwei Wochen von der internationalen Überwachungsstation in Yellowknife in Kanada, 7500 Kilometer vom Ort des ersten nordkoreanischen Atomtests entfernt, entdeckt worden. Damals hätten aber nur zehn Einrichtungen zum Nachweis von Edelgasen (Noble Gas System) existiert, heute gebe es 22 von insgesamt 40 geplanten.

Einige der neuen Überwachungsstationen befinden sich der CTBTO zufolge nahe der Grenze zu Nordkorea - in China, Japan und Russland. Es hänge aber vom Wetter ab, wie lange es brauche, bis die radioaktiven Partikel bzw. Edelgase nachgewiesen werden könnten. Diesmal werde es aber voraussichtlich nicht so lange dauern wie 2006.

Wäre der Atomtestsperrvertrag CTBT in Kraft, könnte ein Inspektionsteam vor Ort Erkenntnisse sammeln und sie den Mitgliedsstaaten für ein abschließendes Urteil vorlegen. Unter dem CTBT-Regime würde ein Atomtest als Bruch eines völkerrechtlich bindenden Vertrages erachtet. Neun Länder müssen laut CTBTO den Vertrag noch ratifizieren, bevor dieser in Kraft treten kann: China, Ägypten, Indonesien, Iran, Israel und die USA - die bereits unterzeichnet haben - sowie Nordkorea, Indien und Pakistan, deren Unterschriften fehlen. Bisher haben 180 Staaten den CTBT unterzeichnet und 148 ratifiziert, darunter auch Österreich. (APA)