Nach erfolgreichem Entzug, sinkt die Kopfschmerzfrequenz signifikant.

Foto: Ochsner Wärmepumpen GmbH

Linz - „Ein zunehmend auftretendes Phänomen ist, dass Menschen zu viele Schmerzmittel einnehmen und durch diesen Schmerzmittelübergebrauch Kopfschmerzen (Medication Overuse Headache, MOH) bekommen", so Christian Lampl, Leiter der Abteilung für Allgemeine Neurologie und Schmerzmedizin im Konventhospital der Barmherzigen Brüder. „Es ist davon auszugehen, dass bereits rund ein Prozent der Erwachsenen und 0,5 Prozent der Kinder an schmerzmittelinduziertem Kopfschmerz leiden - Österreich-weit wären das 80.000 Patienten. Frauen sind davon häufiger betroffen als Männer."

Immerhin ein Drittel aller Patienten mit chronischen täglichen Kopfschmerzen (Chronic Daily Headache, CDH) erfüllt die diagnostischen Kriterien des MOH, berichtet Gregor Brössner von der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck auf der am Wochenende zu Ende gegangenen 17. Wissenschaftliche Tagung der Österreichischen Schmerzgesellschaft in Linz: „Anhand einer großen Umfrage bei niedergelassen Praktikern sowie in spezialisierten Kopfschmerzambulanzen konnte gezeigt werden, dass MOH die dritthäufigst gestellte Diagnose nach Migräne und Spannungskopfschmerz ist."

Ursache oder Folge

Nahezu alle Schmerzmittel, so Brössner, können zu einem MOH führen. Der Zeitraum zwischen Ersteinnahme und Entwicklung eines MOH ist allerdings am ungünstigsten für spezifische Migränemedikamente wie Triptane (durchschnittlich 1,7 Jahre) und Ergotamine (durchschnittlich 2,7 Jahre) im Vergleich zu Schmerz- und Rheuma-Medikamenten vom Typ der NSAR mit 4,8 Jahren.

Die Frage, ob der Schmerzmittelübergebrauch Folge oder Ursache der Zunahme der Kopfschmerzfrequenz ist, wird immer noch kontrovers diskutiert. Brössner: „In einigen Studien konnte jedoch gezeigt werden, dass nach erfolgreicher Entzugsbehandlung, die Häufigkeit der Kopfschmerzen signifikant sinkt und sich letztendlich der ursprüngliche Charakter einer episodischen Migräne zurückbildet. Zumindest in diesen Fällen ist davon auszugehen, dass der Schmerzmittel-Missbrauch Ursache der Verschlechterung ist."

Ambulant oder stationär

Diskutiert wird unter Medizinern auch, ob ein stationärer oder ein ambulanter Entzug erfolgreicher ist. Daten zur Rückfalls-Häufigkeit liegen in unterschiedlichen Studien zwischen 30-50 Prozent. Die Erfolgschancen hängen von verschiedenen, oftmals äußeren Faktoren, zusammen. Aber auch die Art des Schmerzmittels, welches zu häufig eingenommen wurde, bestimmt ob stationär oder ambulant behandelt wird, betont Lampl. Im Regelfall ist bei Mischpräparaten und Ergotaminen der stationäre Entzug anzuraten.

Brössner: „Schon allein die hohe Häufigkeit sowie der Leidensdruck der Patienten fordern ein therapeutisches Vorgehen gegen diese MOH. Eine Kombination aus Aufklärung der Patienten über MOH sowie koordinierte „evidence based medicine" angeleitete Entzugsbehandlung sollte angestrebt werden." (red)