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Foto: Europäische Föderalistische Bewegung Ö. - EFB/APA-OTS/Preiss

Sind Sie für die Europäische Union? Große Einigkeit von Vana und Swoboda bis Müllner und Philippi (v.l.n.r.). Nur FP-Politiker Landbauer (ganz rechts) hebt die rote und die grüne Karte. Europa und Europäische Union sind für ihn "zwei Paar Schuhe".

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Liberaler Müllner (25): "Ich hoffe, dass ich jetzt vom Herrn Swoboda keine auf die Nase kriege, aber es sind nicht unbedingt die knackigsten und frischesten Leute im EU-Parlament." - Swoboda kontert gelassen: "Bin ein friedlicher Mensch."

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SP-Kandidat Swoboda mit Kugelschreiber, dafür ohne seine rote Brille. Wahlkampf ist manchmal anstrengend.

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Zur EU-Wahl werden fast alle Schüler gehen - zumindest sagen sie das.

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Foto: Kapeller

Niels und Jasmin erhofften sich von den Politikern vor der Diskussion keine "Allerweltsparolen, so wie immer". Die meisten haben sich zumindest bemüht.

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"Über die EU weiß ich nicht viel", sagt die 15-jährige Layla. "Die machen wir im Unterricht erst nächstes Jahr." Schließlich darf sie ja auch erst in einem Jahr wählen. Niels, der kurz vor der Matura steht, wird bereits diesmal zur EU-Wahl gehen und hat sich seine Meinung schon gebildet. Manches sei gut, zum Beispiel das freie Reisen, anderes weniger, etwa die Sache mit der Gentechik. "Und weniger Studienplätze", sagt eine Klassenkollegin. Vor- und Nachteile also, "schwer zu sagen, was überwiegt", sagt Niels. Der laufende Wahlkampf hilft dem 18-Jährigen da nicht weiter. "Die alte Leier, es sind alle so Populisten", meint er. Eine andere Schülerin sagt bloß: "Es hängen halt viele Poster."

Bis auf Plakate kommt bei den Schülern des Theodor-Kramer-Gymnasiums im 22. Wiener Bezirk der EU-Wahlkampf nicht an. Also kommt der Wahlkampf zu ihnen. Politiker von SPÖ, ÖVP, Grünen und FPÖ sowie Hannes Müllner, der Junge Liberale mit dem Cowboyhut, füllen im Mehrzweckraum das Podium. Rund 150 Schüler sind gekommen, auch dank Anwesenheitspflicht. Der Schulsprecher prüft diese nach. "6B ist da?" - "Die schreiben Schularbeit", sagt einer. Da ist den meisten sogar Wahlkampf noch lieber.

"Das macht Politik kaputt"

Motto der Diskussion: "Zeigt die Jugend der EU die grüne Karte?" Daher haben die Schüler alle ein grünes und ein rotes Kärtchen auf dem Sessel, mit denen sie den Politikern zeigen können, was sie von ihnen halten. Doch auch die Politiker müssen Farbe bekennen. Erste Frage: Sollen Homosexuelle, legitimiert  durch EU-Verordnung, heiraten können? Monika Vana von den Grünen zeigt, ganz auf Parteilinie, Grün. Hannes Swoboda (SPÖ), als einziger Spitzenkandidat hier, schüttelt demonstrativ den Kopf. Er wehrt sich, eine Karte zu zeigen. "Das sind genau die Dinge, die Politik kaputt machen", sagt er. Die Frage könne nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden, und viele Bereiche - etwa Homo-Ehe oder Gengemüse - seien besser auf nationaler Ebene aufgehoben. Dafür bekommt der arrivierte Politiker höflichen Zwischenapplaus.

Mehr Ovationen erntet in dieser Runde aber die grüne Wiener Stadträtin Vana. Sie spricht mit anhaltender Euphorie von Arbeitsplätzen und Mindestlöhnen, von Umweltverschmutzung und Schienenausbau, und am Schluss sagt sie: "Mein enthusiastischster Punkt: Wir haben eine Frau an der Spitze." Und weil es vorher um die Gleichstellung von Homosexuellen ging, setzt sie noch eins drauf: "Unsere Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek ist übrigens bekennende Lesbe." Das führt zu schelmischem Lachen und Getuschel in manchen Sitzreihen, auch in der Oberstufe noch. Als Vana schließlich "fünf Millionen Arbeitsplätze" durch einen umweltpolitischen "New Deal" in Aussicht stellt, ist ihr die Zustimmung der Schüler sicher.

"Keine Weltverschwörer"

Eher düstere Beliebtheitswerte hat im Auditorium von Anfang an FPÖ-Kandidat Udo Landbauer. Obwohl selbst erst 23 Jahre alt, kämpft der Niederösterreicher, der in seiner jungen Karriere schon eine "Inländerdiskriminierungshotline" einrichtete und das Verbotsgesetz öffentlich in Frage stellte, auf verlorenem Posten. Dabei müht er sich noch um Milde. "Ich schau' natürlich zuerst auf meine Tochter, bevor ich auf die Tochter vom Nachbarn schaue", verteidigt Landbauer die blaue EU-Linie. Und zum Widerstand gegen einen - virtuellen - EU-Beitritt Israels: Diesen habe ÖVP-Spitzenkandidat Ernst Strasser einst selbst ins Spiel gebracht. "Wir erfinden nichts, wir sind keine Träumer oder Weltverschwörer."

Immer wieder muss der Moderator darauf achten, dass das Publikum nicht zu laut wird. Getratscht aber wird weniger aus Empörung als aus Langeweile. "Die haben viel zu lange geredet", sagt nachher eine Schülerin. "Und zu viele Fachbegriffe verwendet", meine eine andere. ÖVP-Kandidatin Theresa Philippi widmet etwa der Finanztransaktionssteuer und den Errungenschaften Alois Mocks Anfang der 90er Jahre breiten Raum. Das zermürbt manchen 16-Jährigen in der sechsten Stunde. Zur christdemokratischen Wahlstrategie wird Philippi aber erstaunlich konkret: Strasser sei eben "so ein bisschen der Mann für's Grobe", sozusagen "unsere Antwort auf die rechten Parteien".

Das Europa der Fernsehserien

Die Schüler überzeugt aber nur ein Politiker so richtig - und zwar, weil er nicht wie einer auftritt. Der junge Liberale Müllner, mit Cowboyhut, Lederstiefel und klaren Worten. "Die blauen und orangen Plakate kommentiere ich nicht. Ich weiß nicht, wie's euch geht, aber ich habe keine rechte Freude damit", fängt er an. Lauter Applaus. Den beiden Großparteien, SPÖ und ÖVP, wirft er auf den Wahlplakaten "latenten Nationalismus" vor. Es gehe nämlich bei der Wahl nicht um Österreich, sondern um Europa. Dann rät er den Schülern in kollegialem Ton, sie sollen sich ein Interrail-Ticket kaufen, um per Zug durch den Kontinent zu tuckern, und später mal ein Auslandssemester einlegen. Und er sagt: "Wir sind die erste Generation, die anfängt, eine europäische Identität zu entwickeln." Egal ob Portugal, Griechenland oder Finnland: "Die jungen Menschen dort hören sie die gleiche Musik wie wir und schauen die gleichen Fernsehserien."

Freilich wird Müllner trotz aller Zustimmung in der Wiener Schule nicht ins Europäische Parlament einziehen. Dieses Privileg wird wohl nur SP-Spitzenkandidat Swoboda vergönnt sein. Die Grüne Vana (Listenplatz 3), FP-Nachwuchshoffnung Landbauer (Listenplatz 5) und VP-Kandidatin Philippi (Listenplatz 10), im Brotberuf Juristin, haben wo gut wie keine Chancen.

Cowboy kommt an

In der Theodor-Kramer-Schule wäre das anders: "Der mit dem Cowboyhut hat mir am besten gefallen, den hat man am besten verstanden", sagt Layla nach der Diskussion. "Der mit der roten Brille dafür nicht so", rügt sie Polit-Routinier Swoboda. Was die EU alles macht, wisse sie immer noch nicht so genau, "jedenfalls war nichts Schlechtes zu hören". Vor kurzem habe eine Lehrerin ausführlich über die EU gesprochen, vor allem über Glühbirnen und Gurken, berichtet Layla. "Ich glaub', sie ist dagegen." (Lukas Kapeller, derStandard.at, 27.5.2009)