Kaum hatte die EU-Kommission in Brüssel ihre Pläne zur Stärkung der Finanzmarktaufsicht auf europäischer Ebene vorgelegt, hagelte es Kritik aus den Hauptstädten: Unannehmbar sei das, weil mit zu viel Macht für Brüssel verbunden, ließ Großbritannien wissen. Kein Wunder: Für den Finanzplatz London steht viel auf dem Spiel.

Den Franzosen wiederum gehen die Vorschläge der Kommission zu wenig weit. Paris, von Anfang an stärkster Antreiber von Binnenmarkt, Währung und gemeinsamer Wirtschaftspolitik, hätte gerne echte Durchgriffsmöglichkeiten der europäischen Behörden gegenüber den nationalen Aufsichten. Und nicht nur aufgewertete EU-Organe, die bloß Empfehlungen abgeben dürfen, sonst aber unter dem Dach der Europäischen Zentralbank vor allem für besseren Informationsaustausch sorgen sollen, wie Brüssel vorschlägt.

Diese erwartbare Kritik gibt die ganze Bandbreite der nationalen Egoismen in der Union gut wieder. Sie markiert, was das Papier der Kommission wert ist, das nun erst einmal noch vom Europäischen Parlament und vom Ministerrat "verarbeitet" (und also verwässert) werden wird: Es ist schon im Ansatz nur ein Kompromiss; der Versuch, die diametral entgegengesetzten Sichtweisen und Interessen der EU-Länder eher vorsichtig zu bündeln.

Dennoch: Das vorgeschlagene Frühwarnsystem, die "EU-Finanzmarktaufsicht" neu, ist ein dringend nötiger, richtiger und vernünftiger Schritt - ein überfälliger Beginn angesichts der Mängel, die die Finanzkrise zutage gefördert hat. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.5.2009)