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Barack Obama stellte Sonia Sotomayor im Weißen Haus der US-Öffentlichkeit vor.

Foto: AP /Susan Walsh

Über die Berufung Sonia Sotomayors an den Obersten Gerichtshof hat sich heftiger Streit entzündet. Allerdings ist es eine Kontroverse, bei der die Proteste konservativer Politiker etwas von einem Verzweiflungsakt haben.

Bevor sie in den Supreme Court einziehen kann, muss die Juristin noch vom Senat in Washington bestätigt werden. Führende Republikaner spielen mit dem Gedanken, aus dem zähen Verfahren einen heißen Sommer zu machen, in eine große Schlacht mit der Riege Barack Obamas. Schon seit Wochen suchen die Wahlverlierer einen Anlass, um versprengte Anhänger zu sammeln und aus dem Tal der Tränen zu klettern. In diesem Fall aber droht ein Eigentor.

Zu markant ist der Zuspruch, der die Nominierung Sotomayors begleitet. "Eine von Obamas größten Stunden", applaudiert sogar David Gergen, ein Stratege, der einst Ronald Reagan beriet. Im Weißen Haus, wo Obama seine Favoritin vorstellte, gab es keinen, der nicht von einem historischen Augenblick schwärmte. Ein Präsident mit Wurzeln in Kansas und Kenia ernennt die erste Höchstrichterin hispanischer Herkunft. Es ist die Tochter puertoricanischer Einwanderer, die in einem tristen Sozialwohnungsblock der Bronx aufwuchs und sich trotzdem durchsetzte, dank eiserner Willenskraft.

Ihr Vater starb, als sie neun Jahre alt war. Die Mutter arbeitete sechs Tage pro Woche als Krankenschwester, sie opferte sich auf, um Sonia und ihrem Bruder Bildung zu ermöglichen und damit den Sprung aus der Armut. Sonia studierte an Eliteuniversitäten, erst Princeton, dann Yale, und begann eine steile Karriere.

Gegen diesen Zauber kommen auch die Konservativen nicht an. An der fachlichen Qualifikation der 54-Jährigen gibt es nichts zu deuteln. Sotomayor kennt den juristischen Betrieb aus vielen Perspektiven. Als Anwältin war sie spezialisiert auf geistiges Eigentum, 1992 zog sie ins New Yorker Bundesgericht, 1998 ins Berufungsgericht, die höhere Instanz.

Es ist ein anderer Punkt, an dem ihre Gegner den Hebel ansetzen wollen, es ist ein acht Jahre altes Redezitat. Sie hoffe, hatte Sotomayor gesagt, "dass eine weise Latina mit ihrer Erfahrung öfter zu besseren Schlüssen gelangt als ein weißer Mann, der so ein Leben nicht gelebt hat". Kritiker greifen den Satz heraus, um ihr ein Denken in ethnischen Kategorien anzukreiden, um den Verdacht auszusprechen, sie bevorzuge die eigene Klientel. Anhand der Urteile, wie Sotomayor sie fällte, lässt sich dies kaum erhärten. Und auch die verbissene linke Ideologin, als die sie Rush Limbaugh, der König konservativer Radiotalker, grobzeichnet, ist die Richterin nicht. Warum dann so harsche Töne?

Erklären lässt sich die Härte der Wortgefechte durch die heikle Balance, die den Supreme Court prägt. Seine neun Richter amtieren auf Lebenszeit. Derzeit halten sich liberale und konservative Positionen in etwa die Waage, was immer dann relevant wird, wenn Reizthemen wie Abtreibung, Todesstrafe oder Homo-Ehe zur Debatte stehen. Mit Sotomayors Einzug ändert sich daran zunächst nichts: Auch David Souter, der seinen Sessel räumt, ist dem liberalen Lager zuzurechnen. Was die Republikaner fürchten, ist, dass die Waage kippt, wenn Obama das nächste Mal einen Kandidaten beruft. Der älteste Höchstrichter ist 89 und stammt aus der Ära Gerald Fords. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 28.5.2009)