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"Wenn sich andere unter der Gürtellinie benehmen, gibt es keine Probleme, wenn aber der Zellhofer einmal etwas sagt, wird es auf die goldene Waagschale gelegt"

Foto: Reuters/Kuzmanovic

Wien - Bundesligist Altach wird wohl absteigen, dafür sprechen nicht nur drei Punkte Rückstand vor der letzten Runde auf Konkurrent Mattersburg, sondern auch die klar schlechtere Tordifferenz und die Gegner zum Saison­abschluss: während die Vorarlberger am Sonntag bei Meister Red Bull Salzburg antreten, bekommen es die Burgenländer zuhause mit dem LASK zu tun.

Trainer Georg Zellhofer löste erst im Winter seinen erfolglosen Vorgänger Urs Schönenberger ab, konnte das Schlusslicht aber auch nicht mehr retten. Zuletzt fiel der 48-jährige Oberösterreicher durch Aussagen über Schiedsrichter ("Das muss jeder Blinde sehen") und Spieler ("Wenn Jürgen Patocka bei allen drei Toren beteiligt ist, geistern natürlich Gedanken herum, die ich lieber nicht äußern will") medial in Ungnade. Über dieses und anderes, wie seinen recht über­raschenden Abgang bei der SV Ried zu Saisonbeginn, sprach der Altach-Trainer mit Philip Bauer.

derStandard.at: Auf der Webseite des Vereins ist noch von einem "wichtigen Spiel" in Salzburg die Rede. Hat man sich in Altach noch nicht mit dem Abstieg abgefunden?

Georg Zellhofer: Einen Funken Hoffnung gibt es immer, wir müssen uns professionell vorbereiten. Nach der Enttäuschung der vergangenen Runde, in der sowohl wir als auch Mattersburg gewonnen haben, ist die Situation natürlich schwierig, aber aufgegeben hat sich in Altach noch niemand.

derStandard.at: Falls der Abstieg Realität wird: Woran ist es in dieser Saison letztendlich gescheitert?

Georg Zellhofer: Es gibt mehrere Faktoren: wir haben im Winter versucht, den schlechten Herbst zu korrigieren und eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammenzustellen. Wir konnten aber nicht, so wie oft behauptet wurde, nach Belieben einkaufen. Phasenweise konnten wir in den Heimspielen dann auch sehr guten Fußball spielen, die entscheidenden Punkte sind uns aber doch nicht gelungen, wir haben zu häufig Unentschieden gespielt...

derStandard.at: Es waren also nicht ausschließlich die Schiedsrichter schuld?

Georg Zellhofer: Nein, sie waren aber mit ein Faktor. Es waren einige Entscheidungen dabei, die wir nicht mehr korrigieren konnten. Wir waren aber auch selber schuld, einige Spiele hätten wir zu einem besseren Ende bringen können.

derStandard.at: Eine alte Fußball-Weisheit sagt, die Fehlentscheidungen würden sich im Laufe einer Saison ausgleichen...

Georg Zellhofer: Nein, das war hier nicht der Fall. Es waren spielentscheidende Situationen dabei, in Mattersburg, beim LASK, in Kapfenberg. Wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, kann man das nicht mehr so einfach kompensieren.

derStandard.at: Sie haben nach der Niederlage gegen den LASK gemeint, es ginge auch um "die Existenz von Familienvätern". Sind die durch den möglichen Abstieg tatsächlich gefährdet? Im Normalfall sollte doch auch ein Spieler der Ersten Liga über die Runden kommen…

Georg Zellhofer: So einfach ist das nicht. Man muss das ganze Paket sehen, für den Verein macht es natürlich einen Unterschied, ob er in der obersten Liga spielt oder nicht. Es geht um Angebot und Nachfrage, Sponsoren, wirtschaftliche Faktoren. Und natürliche persönliche Schicksale: Bekomme ich einen neuen Vertrag, muss ich mit der Familie umziehen? Da hängt für einige Spieler schon sehr viel dran.

derStandard.at: Für viele Fußball-Interessierte ist es nach wie vor rätselhaft, weshalb Sie zu Saisonbeginn die SV Ried verlassen haben. Können Sie aufklären? Empfanden Sie den Kader tatsächlich als zu schwach?

Georg Zellhofer: Nein, das wurde zwar so dargestellt, ist aber nicht richtig. Es ist unfair, dass dies nie korrigiert wurde. Ich will mich nicht von Schuld freisprechen, aber einiges verlief nicht so wie im Vorfeld ausgemacht. Dem Zellhofer war die Mannschaft zu schlecht, das ist zu einfach, damit werde ich in ein schlechtes Licht gestellt.

derStandard.at: Jetzt könnte man das Bild korrigieren, um welche Punkte ging es tatsächlich?

Georg Zellhofer: Ich will das nicht mehr aufwärmen. Es hat gegenseitige Kritik gegeben, die Trennung war aber sicher nicht meine alleinige Schuld.

derStandard.at: Sie haben ihre Aussagen bezüglich Jürgen Patocka nach dessen Fehlern im Spiel gegen Mattersburg zurückgenommen. Sollte man als Trainer seine Emotionen nach dem Spiel nicht besser unter Kontrolle haben?

Georg Zellhofer: Wenn sich einer unter Kontrolle hat, dann mit Sicherheit ich. Ich habe in meiner 30-jährigen Tätigkeit im Fußball noch keinen beleidigt. Sogar in meiner Zeit bei der Austria, als mich einige Schiedsrichter-Fehlentscheidungen quasi den Job gekostet haben, hat es nie eine Kritik gegeben. Wenn sich andere unter der Gürtellinie benehmen, gibt es keine Probleme, wenn aber der Zellhofer einmal etwas sagt, wird es auf die goldene Waagschale gelegt. Ich finde es überraschend, wenn Kritiker mich jetzt als einen unfairen oder schlechten Verlierer darstellen.

derStandard.at: Aber war Ihre Reaktion nicht doch überzogen?

Georg Zellhofer: Es kann passieren, dass einem mal der Kragen platzt. Dann muss man sich natürlich am nächsten Tag entschuldigen, es war nicht böse gemeint, die Ausdrucksweise war bestimmt nicht glücklich.

derStandard.at: Sie werden tagtäglich mit dem LASK in Verbindung gebracht, Interesse?

Georg Zellhofer: Es hat schon im Winter Gespräche gegeben. Vor drei, vier Wochen gab es abermals ein kurzes, informatives Gespräch, aber keine Verhandlungen. Seither ist die Sache erledigt, es gab auch keinen Kontakt mehr. Der erste Ansprechpartner ist mit Sicherheit Hans Krankl.

derStandard.at: Werden Sie also mit Altach unter Umständen in die zweite Liga gehen?

Georg Zellhofer: Wäre denkbar. Ich glaube schon. Der Verein ist wirtschaftlich sehr gut aufgestellt und hat eine gute Perspektive. Mich interessieren jetzt die Zielsetzungen, die muss der Verein vorgeben und dann kann man sich Gedanken machen. (derStandard.at; 29. Mai 2009)