Planungssprecherin Sabine Gretner und Grüne-Sprecherin Barbara Neuroth (recht) fordern eine neuerliche Öffnung des Parks

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Der 2000 Quadratmeter große Wirtschaftskammer-Park ist eine der wenigen Oasen in Wieden: Denn nur knapp 6,5 Prozent der Fläche des vierten Wiener Gemeindebezirks ist grün. Ein Beschluss der Geschäftsleitung vom März hat nun dazu geführt, dass die Tore des seit 40 Jahren öffentlich zugänglichen Park geschlossen wurden. "Der Bevölkerung wird die Tür vor der Nase zugeschlagen", sagt Barbara Neuroth, Sprecherin der Grünen. "Wir hatten prekäre sicherheitsrelevante Vorkommnisse und mussten die Kosten für die Reinigung übernehmen", entgegnet Herwig Höllinger, stellvertretender WKO-Generalsekretär.

Nicht der erste Kampf um die kleine Grünfläche in Wieden: 1995 verhinderte eine BürgerInneninitiative ein Garagenprojekt der WKO, die 1981 in das Bürogebäude in der Wiedner Hauptstraße, Ecke Schönburgstraß eingezogen ist. "VertreterInnen der Wirtschaftskammer und Bezirksvorstehung haben damals eine Vereinbarung über die Öffentlichkeit des Parks ausgehandelt", sagt Neuroth und fügt hinzu: "Denn freiwillig hätte die WKO dieses Zugeständnis wohl nicht gemacht."

Mehr Beton, weniger Grün

Von 2007 bis 2009 gab es Zu- und Anbauten. Unter anderen wurde ein Dachaufbau, der Platz für einen repräsentativen Besprechungsraum bietet, auf das Gebäude gesetzt. "Der Park wurde in dieser Zeit stark vernachlässigt und als Auto- und Containerabstellplatz benutzt", sagt Neuroth. Nach Ende der Bauarbeiten hat die WKO ohne Ankündigung Tore errichtet und eine Stiege von der Rainergasse zum Park abgetragen.

"Wir sind Eigentümer und übernehmen bei der Öffnung die Haftung und damit auch eine Vielzahl rechtlicher Probleme", argumentiert Höllinger. Es hätte Polizeieinsätze wegen Suchtgiftdelikten gegeben, Bälle und Dosen seien durch die Fenster geflogen, die MitarbeiterInnen hätten sich belästigt gefühlt, so der stellvertretende WKO-Generalsekretär. Kosten für Reinigung und Säuberung seien wegen Schmierereien, Vandalismus und Hundekot gestiegen. "Wir wollen den Park sauber und schön haben und auch für die AnrainerInnen optisch attraktiv erhalten", sagt Höllinger. Hinein dürfen die AnwohnerInnen jedoch nicht mehr.

Die WKO finanziert sich durch Mitgliederbeiträge. Einer Co-Finanzierung durch die Stadt Wien im Bereich der Instandhaltung des Parks gibt Höllinger wenig Chancen: "Für den neu errichteten Vorplatz zur Wiedner Hauptstraße haben wir zum Beispiel keine Finanzierung erhalten."

Ruhe und Sinn

Die Nachbarn im fünften Wiener Gemeindebezirk haben sich vor zwei Jahren erfolgreich einen Park erstritten. Auf einem ebenfalls 2.000 Quadratmeter großen Areal in der Siebenbrunnengasse hätte ein Wohnhaus entstehen sollen. Eine BürgerInneninitiative hat eine kleine Grünoase mit dem Titel "Ruhe- und Sinnesgarten" durchgesetzt. Auch in Margareten hatten die BewohnerInnen negative Erfahrungen mit lauten Jugendlichen und Verschmutzung gemacht. Daher wird der Park in der Nacht zugesperrt. Hunde und Ballspiele sind verboten. "Das Modell in Margareten würde sich auch für Wieden anbieten", sagt Neuroth.

Vorgeschichte

Das Gebäude wurde ursprünglich von Semperit auf dem Gelände des ehemaligen Rainerpalais errichtet. Der Palaisbau nahm die Dimensionen des noch heute gegenüber angesiedelten Palais Schönburg ein. Der hohe Bürotrakt stellte einen Einschnitt im Stadtbild, das von Gründerzeitenbauten geprägt war, dar. "Daher war es nur recht und billig, dass der verbliebene Park den AnrainerInnen zur Verfügung gestellt wurde", meinen die Wiener Grünen. (Julia Schilly, derStandard.at, 29. Mai 2009)